„Ach, wir bleiben ja nur sechs Monate in London“, habe ich in den letzten Tagen immer wieder gesagt, „da braucht man ja nicht viel, vor allem ist die Wohnung ja möbliert!“ Warum falle ich eigentlich immer selber auf mich rein? De facto ist es wie ein kompletter Umzug – ohne Möbel. Die ersten Kisten sind schon nach London unterwegs und dann haben wir hier noch 3 GROSSE Koffer. Sam bringen wir in den letzten Tagen abwechselnd bei seinen Kitafreunden und Nachbarn untern, damit wir in Ruhe packen können und die letzten sexy to-dos, wie die Steuererklärung erledigen können.
Aber Sam packt auch. Nur leider nicht seine Sachen, sondern Dinge, die „sooo shön sind, Mama!“, sich jedoch im Besitz von anderen befinden. Vor ein paar Tagen holen wir ihn bei seiner Kitafreundin Ella ab, zum Abschied gibt es noch eine große Diskussion, ob Sam sich was ausleihen darf. Ich war der Überzeugung, wir hätten uns auf „nix“ geeinigt. Zuhause angekommen leere ich Sams Taschen und finde folgende Beute: 1 Salamander, 2 Filipferdchen, 1 kleiner blinkender Bär und eine Fahrradklingel. „Das ist doch nicht dein Ernst, Sam!“, rufe ich empört. Ich bin müde, er ist müde, wir haben uns sofort in den Haaren. Und wenn zwei Sturköpfe aufeinander treffen dann kommt man ja nie weit. Marc übernimmt und die beiden finden eine Lösung: Ella wird angerufen.
Sam entschuldigt sich am Telefon: „’Tschuligung, Ella, dass ich klaut habe.“
Ella kichert: „Is nish slimm, Sam.“
Sam: “Ish bringe dir morgen auch eine sweets mit.“
Die beiden sind ein Herz und eine Seele. Ellas Reaktion ist aber leider pädagogisch überhaupt nicht wertvoll. Sam sieht mich an und sagt: „Mama, is doch gar nish slimm. Ella is nish sauer.“
Am nächsten Tag sind wir bei dm. Sam hat sich von mir eine kleine Tasche ausgeliehen, die er sich stolz umgehängt hat. Auf dem Rückweg ist Sam extrem gut gelaunt. Er sieht wahnsinnig glücklich aus (und das ist er eigentlich nie, wenn er mit mir einkaufen muss) und strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Ich stutze und als Mutter kann man ja blitzschnell kombinieren: „Sam, was hast du denn in deiner Tasche?“ Sam strahlt: „Bonbons, Mama! Die esse ish gleish in meine Höhle!!“ Und tatsächlich: In seiner Tasche liegt eine Packung „Nimm2“.
„Sam“, flehe ich ihn an, „das geht nicht! Du kannst nicht bei dm einfach etwas mitnehmen, ohne zu bezahlen. Das müssen wir jetzt zurückbringen.“ Sam fügt sich kleinlaut, als ich sage, dass sonst die Polizei kommt. Wir gehen zur Kasse, aber da sitzt leider ein junges Mädchen mit rotgefärbten Haaren, das gerade in der Ausbildung ist und als Antwort auf Sams Entschuldigung und die Rückgabe der Nimm2 nur kichert. Verflucht, so wird das nichts. Sams Fazit auf dem Rückweg: „Das war nish slimm, Mama.“
Gestern habe ich seine Taschen erneut geleert und dabei das hier gefunden:
Wer es nicht erkennen kann: Ein Playmobil – Pirat, ein Auto, ein Verschluss für Gefrierbeutel, der Aufsatz eines Treckers, eine Batterie, eine Schraube, ein Flugzeug, eine Murmel. Damit kommt man durch den Winter…
Als ich Sam nötigte, auch bei diesem befreundeten Bestohlenen anzurufen, war nur der Vater dran, der sagte: „Naja, ist ja nicht so schlimm! Ich habe früher auch alles mitgehen lassen.“ Aahhh! Wie soll ich denn Sam beibringen, das nicht alles zum Mitnehmen bereit steht? Ich bin überfordert. Wie ist eigentlich in England die Gesetzeslage, wenn Kinder klauen? In Deutschland fällt er ja noch unter süß und minderjährig. Ich hoffe, die Engländer sehen das nicht anders. Wir müssen da ja schließlich den Ruf einer ganzen Nation verteidigen. Nicht dass es heißt: „These bloody germans… they take what they like. They just never changed…“ Das wäre mir sehr peinlich.
Aber vielleicht will er ja auch nur ein Andenken? Vielleicht ist er genau so aufgeregt wie ich? Und während ich meine kleinen Kaffeemaschine einpacke, weil ich ohne die NIE länger irgendwo hinreise, packt er vielleicht den Playmobil Pirat? Ich packe meine Glücksbringer – Ketten und Ringe, er packt eine Batterie und eine Murmel. Mmmhh. Ich werde in London sehen, ob meinen Theorie aufgeht.
Wer ähnliche Vorkommnisse mit seinen Kindern erlebt hat und Erziehungstipps parat hat, heute sind sie mir sehr willkommen! So, ich packe jetzt mal weiter. MEINE Sachen. Wobei die Kaffeetasse meiner Nachbarin gefällt mir auch gut… und sie würde mich so an zu Hause erinnern…
Tags: Reise
10 Comments
Well hello there daaaling,
bin Mitte Januar für drei Tage in London (ALLLLLEIN, YES) -wollen wir uns treffen und zusammen nach Hugh Ausschau halten? nina
Unbedingt!!! Melde dich!!!
Hihi… Sorry, von mir gibt’s auch nichts Konstruktiveres als Gekicher – die Geschichte ist auch einfach zu komisch. Aber ich sehe das Problem und hatte es selber oft – wenn auch nicht unbedingt beim extensiven „Ausleihen“, das war bei meinen Jungs nicht so verbreitet. Aber gerade in dem Alter, wo sie noch so süß und so beeinflussbar sind, lässt die Umwelt ihnen viel zu viel durchgehen und torpediert immer wieder die eigenen Erziehungsabsichten. DAS kenne ich durchaus. Vor allem, das Fiese ist, dass sich das irgendwann sehr schnell ändert. Bockigen Neunjährigen verzeiht nämlich niemand mehr mit einem dahinschmelzenden Lächeln. Insofern ist es ein temporäres Problem…
Weiterhin starke Nerven biem Kofferpacken – mein Neid für sechs Monate London ist dir gewiss! 😉
Viele Grüße,
Lena
DANKE! 🙂
Wow! 6 Monate in einer anderen Stadt mit Kind- toll!
Aber schade, dass wir das mit den Kaffe nicht mehr geschafft haben 🙁
Ich wünsch Euch eine spannende Zeit und viel Spaß!
Wg. Sam´s neuen Hobby: ist normal in dem Alter. Bei meiner Großen war ich erschüttert und dachte in der Erziehung komplett versagt zu haben. Doch das legte sich. Und jetzt fängt die Kleine damit an (allerdings etwas geschickter…). Wenn auch nur Du richtig reagierst und nicht die Umwelt- er lernt das.
liebste Grüsse nach Mitte, ***die lisa
Liebe Lisa, wir holen das nach im Sommer in Berlin! Dicken Kuß L
Stay cool und kein grosses Drama daraus machen………. das geht vorbei !
LG
Alexandra
Danke für deinen Beistand! 🙂
WO IST MEINE TASSE??!!!!
Ähhhhh….. in der Box ganz hinten abetr ich weiß nicht, ob ich die jetzt so schnell finde…