Ich glaube, es war zwischen dem Bepacken von Box 5 und 6, als mein Telefon klingelte und meine Nachbarin Bea mir verkündete: „Du, eventuell hat Ben Läuse. Nur, dass du Bescheid weißt, falls auch Sam sich am Kopf zu oft kratzt. Ich habe uns allen jetzt mal prophylaktisch die Haare mit dem Läusemittel gewaschen.“
Um ehrlich zu sein: Ich habe nur mit einem halben Ohr zugehört. Erstens, weil Sam gerade versuchte, Box 4 wieder auszupacken, und außerdem, weil Bea auch nur „eventuell“ sagte. Und da sie in meiner Wahrnehmung ständig ihren Kindern prophylaktisch die Haare mit Läusezeugs wäscht (Ich wage sogar zu behaupten, dass die Läusemittelindustrie ohne Bea verheerende Einbußen zu verbuchen hätte), habe ich dem keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Natürlich juckte es mich kurz am Kopf, aber das ist bei mir immer so. Wenn jemand was von Spinnen erzählt, dann bin ich sofort davon überzeugt, dass mir gerade eine das Bein hochkrabbelt (und eine zweite den Rücken hinauf) und bei der Erwähnung von Läusen ist das nicht anders.
Als Sam im Flieger nach London aus dem Fenster sieht, meine ich kurz im Gegenlicht, eine leichte Bewegung auf seinem Kopf ausmachen zu können, aber ich schiebe das auf mein nervöses Lidzucken, das mich seit einigen Tagen begleitet. Und bei meinem Schlafdefizit würde es mich auch nicht wundern, wenn ich rosa Elefanten auf der Tragfläche tanzen sähe.
Mein Kopf juckt immer mal wieder und auch Sam juckt sich ab und zu, aber dafür mache ich die Luftveränderung verantwortlich. Das spüre ich sofort an und auf meiner Haut.
Aber gestern fällt auch mir keine Ausrede mehr ein. Und als Sam vor mir auf dem Sofa sitzt und ich ihm wie eine Affenmama durch die Haare kraule, entdeckte ich sie: die Nissen. Verflucht. Mich juckt schon beim Anblick der ganze Körper.
Ich renne sofort zur nächsten Drogerie und durchforste die Regale. Leider werde ich nicht fündig und muss mich doch an die Verkäuferin wenden. „How may I help?“, strahlt sie mich an. Die Engländer sind wirklich irre freundlich. „Well, I am looking for some treatment against lice…“
Ihr Lächeln erstirbt, sie tritt fast unmerklich einen Schritt zurück und macht einen großen Bogen um mich, bevor sie mir das Regal zeigt, in dem ich das Läuseshampoo finde. Ich versuche gut Wetter zu machen: „Well, I am not really sure, my son hasn’t lice yet… it’s just that one of his friends…“ Jetzt jucken wir uns beide am Kopf und sie unterbricht mich mit ihrem eingefrorenen Lächeln: „Well, you dont want to wait until the lice are jumping on your pillow.“ Richtig.
Sie gibt mir das Shampoo und will an mir vorbei gehen, besinnt sich aber eines Besseren und dreht auf dem Absatz um, um einen riesigen Umweg zwischen den Regalen hindurch zurück zur Kasse zu machen.
Na großartig. Was für ein Einstand. Jetzt müssen wir mal schauen, ob die deutschen Läuse sich auch vom englischen Läusemittel fertig machen lassen oder ob Bea mir ihr Läusezeug aus Berlin nachschicken muss. Ich halte euch auf dem Laufenden.
P.S. Es gibt auch eine gute Nachricht: Der Londoner Zoo hat 2 (in Worten ZWEI) Warane!! Sam ist in heller Aufregung und das Wochenende jetzt schon gerettet!
Tags: London New Year Reise
7 Comments
Mein tiefes Mitgefühl habt ihr… Der eine bringt es mit, der andere bekommt es dort: ich holte mir die ersten und bisher letzten Läuse meines Lebens in einem Londoner Kindergarten. That’s life ;-). Übrigens juckt es mich jetzt auch…
jetzt juckt es mich auch…. 🙂
Hach ich bin ein wenig neidisch auf Euer schönes London Leben! Genießt es und viel Spaß mit den Waranen!!
*kratz, kratz* Mich juckt es jetzt auch! 🙂
Aber interessant zu wissen, dass Läuse offenbar doch kein rein holländisches Kinderproblem sind, wie ich immer dachte. Ich hatte vor meinem Umzug zu den Kaasköppen noch nie davon gehört und kann mich auch aus meiner eigenen Kindheit nicht an einen einzigen Läusefall erinnern.
Viel Erfolg mit dem englischen Mittelchen und viel Freude mit den Waranen! (Hast du schon geguckt, was ein Familienabo kostet? Da müsst ihr ja bestimmt öfters hin 😉 )
Gruß aus Holland,
Kristine
Ich kenne das noch gut aus meiner Kindheit! Und besonders erinnere ich mich an einen Sommer, als ich mit meinen Cousinen bei meiner Großmutter war und wir ALLE Läuse hatten. Wir saßen auf einer Stuhlreihe im Garten und meine Großmutter und meinen Tanten standen hinter uns mit den Nissenkämmen… wir fanden das ganz unterhaltsam „Friseur“ zu spielen…
Oje. Als Kind habe ich es nie gehabt und hab auch nie gehört, dass Läuse umgingen. Ich kannte das Problem nur von Madita und dachte, das sei in unseren Gefilden ähnlich ausgestorben wie Typhus und Malaria. Tja, aber immun gemacht hat mich die läusefreie Kindheit leider nicht. Selbst Oma musste dran glauben und zum ersten Mal in 57 Jahren Läuseshampoo benutzen…
(Mann, juckt mich das grade wieder…)
Viele Grüße aus sicherer Entfernung!
Lena
Na ja, nur so ein Vorschlag: Vielleicht könnt Ihr die Tierchen ja im Londoner Zoo lassen … 😉
als ich damals 15jährig im schüleraustausch in usa war, ereilte mich gleiches schicksal… leider nicht in der großstadt sondern in einem 1200-seelen-dorf. ich glaube jeder dort wusste nach dem drogeriebesuch, das die neue „german“ sich als erstes mal läusemittel gekauft hat… mein mitleid!