Gestern. „Mama, ich wusste gar nicht, dass heute Frauentag ist! Das ist echt doof, sonst hätte ich dir doch was gekauft!“, sagt Sam, als wir abends beim Abendbrot sitzen. „Echt? Was denn?“ „Gummibärchen!“, ist die prompte Antwort. Ach, ich liebe meinen Sohn.
Ich bin eine Jungsmama. Ich habe keine Tochter, der ich sage „Lass dir nichts anderes einreden, als dass du gut bist wie du bist und alles haben und machen kannst.“ Ich habe einen Sohn. Und der soll wissen, dass er später im Job nicht mehr auf die Schulter geklopft bekommt bekommt als seine Kollegin, nur weil er ein Mann ist. Oder mehr Kohle bekommt. Er soll wissen, dass er später für seine Kinder genauso zuständig ist wie seine Frau. Ob sie dann zusammen entscheiden, dass sie es anders leben wollen, ist ihre Sache.
Ich habe heute den ganzen Tag bei Instagram „Frauenpower“ Posts aller Art gesehen. Manche super und lustig, bei anderen dachte ich: „Puh, das ist mir zu viel. Ich will ja kein besserer Mann werden.“Und dann schaue ich auf meinen Sohn und denke: Was will ich ihm denn mitgeben? Eigentlich will ich ihm mitgeben, dass es gar kein Thema sein sollte, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte haben. Eigentlich will ich, dass ihm klar ist, dass es das Natürlichste von der Welt ist. Eigentlich will ich, dass er seine Frau als Mensch betrachtet – alle Menschen genau genommen, mit ihren unterschiedlichen Wünschen, Talenten und Vorlieben.
In meiner Wunschvorstellung ist die Gleichberechtigung kein Thema, weil sie gelebt wird. In meiner Wunschvorstellung sagt niemand: „Toll, ER hat auch 6 Monate Elternzeit genommen! Wahnsinn.“ In meiner Wunschvorstellung kriegt eine Person mehr Kohle, weil sie besser ist. Oder sie kriegt den Job nicht, weil eine andere Person besser geeignet ist. Egal ob Mann oder Frau.
Aber dann lese ich solche Dinge wie „erst seit 1997 ist die Vergewaltigung in der Ehe ein Strafakt“ und „seit 1970 darf die Frau ohne Erlaubnis des Mannes arbeiten gehen“ und dann denke ich: „Tja, Lucie, vielleicht dauert das mit der Selbstverständlichkeit dann doch noch bis zu deinen Enkelkindern.“
Und als ob mein Sohn meine Gedanken gelesen hätte, sagt er: „Aber dem Papa kaufe ich auch was, weil das ist ja sonst ungerecht.“ Und es keimt Hoffnung in mir.
2 Comments
Jawoll! Schlauer Text, danke dafür!
Danke Dir!