Sams erste große Liebe in London geht mittlerweile auf die „big school“ und nicht mehr in seinen Kindergarten. Sam hat ihr zum Abschied eine Karte gemalt. Er saß hoch konzentriert über der Karte (lila Pappe) und malte eine Prinzessin, „weil Lili likes princesses, Mama“ und danach fragte er mich, wie man Lili schreibt und übte und übte, bis ein riesiges Lili auf der Karte prangte.
Aber was soll’s, das ist jetzt auch schon ein paar Wochen her und andere Mütter haben auch schöne Töchter. Der neue Stern an Sams Himmel heißt June!
Ich erinnere mich noch an unseren allerersten Kindergartentag. Alle Eltern und Kinder standen vor der Eingangstür und warteten darauf, dass sie geöffnet wird. Neben uns stand June mit ihrer kleinen Schwester Ivy und ich kam mit der Mutter ins Gespräch. Sie war ganz bezaubernd und sagte zu June: „Look, Sam is new here, are you gonna make friends with him and make him feel at home?“ June nickte brav, aber Sam couldn’t have cared less, wie der Engländer so treffend formuliert oder wie wir sagen würden: Er hat sie mit dem Arsch nicht angeschaut.
Ehrlich gesagt ist June eigentlich auch gar nicht Sams Typ: Sie ist ein richtiges Mädchen mit Rüschen und Schleifen, wo man nur hinsieht und die wilde Lockenmähne ist ganz adrett in kleinen Zöpfen gebändigt. Das wird nicht meine Schwiegertochter werden, dachte ich damals, soviel steht fest.
Vor drei Wochen hole ich Sam vom Kindergarten ab. Als er mich sieht, rennt er auf mich zu, aber nicht ohne vorher einen Schlenker an June vorbei zu machen und ihr einen dicken Kuss auf die Wange zu drücken. Sam kichert, June kichert und ich frage mich: Was habe ich verpasst? Sam schweigt, wie ein Gentleman.
Letzten Donnerstag erklärt er mir dann beim Legospielen: „Mama, ish mochte June nicht. But then I got to know her and now I really like her!“ Wow. Okay. Ich bin erst mal sehr impressed von der Transferleistung meines Sohnes, dass er erkennt, dass man Leute nur mögen oder nicht mögen kann, wenn man sie näher kennen gelernt hat. Ich nicke und sage nur: „Das ist doch schön!“ Ich glaube Jesper Juul und Raffaella wären stolz auf meine Reaktion.
Freitagmorgen im Kindergarten sehe ich Junes Mutter mit der Erzieherin Miss Amanda sprechen, ich höre Sams Namen fallen und geselle mich dazu: „Ich glaube, June ist total verknallt in Sam“, fährt sie etwas unsicher fort, „she can’t stop talking about him“.
Oh Gott, alles klar. Auch June hat es erwischt. Die Lehrerin ist ganz glücklich: „Well, we didn’t know if we needed to inform you. Aber letzte Woche als wir den Tanz zu dem „Frozen“ für die Abschlussshow geprobt haben, da ist Sam auf June zugegangen und hat mit ihr getanzt und ihr dann am Schluss einen dicken Kuss gegeben!“ Junes Mutter weiß nicht genau, was sie dazu sagen soll.
„Wow!“, versuche ich die Situation zu retten und wende mich an Junes Mutter. „Dann sollten wir beide uns mal über die Hochzeit unterhalten“. Der Witz kommt so lala an. „Oder vielleicht fangen wir mal mit einem Playdate an“. Das kommt besser an.
Es ist eingetütet: Am nächsten Mittwoch, an Sams und Junes letztem Kindergartentag gehen die beiden mit mir am Nachmittag ins Kindertheater. Beide sind im Glück.
Seitdem vergeht keine Stunde, in der Sam nicht verträumt einem Mädchen hinterherschaut und sagt: „Look, Mama, she has hair just like June!“ Oder er fragt, wie oft er noch schlafen muss, bis endlich sein Playdate mit June ist. Noch zweimal schlafen, dann ist es soweit… stay tuned for further information….
Tags: Liebe Männer & Frauen
3 Comments
Sterbe vor Neugier. Aber ich erlebe derzeit Ähnliches mit meiner Tochter. Habe ja kurz davon bei unserem Tete a Tete bei der Lesung im KaDeWe
Sorry. Zu früh gedrückt. Berichtet fehlt noch als Verb.
Ich werde genau berichten! Wie verliebt ist denn Deine Tochter? Irre, dass die das schon mit 4 sind…