Am Freitag wurde in Sams Kita Fasching gefeiert. Eigentlich wollte er als „Bat“, also als Fledermaus gehen, und ich bin davon ausgegangen, dass wir einfach den Umhang von seinem Batman Kostüm nehmen und fertig. Deshalb habe ich daran keinen weiteren Gedanken verschwendet.
Am Donnerstagnachmittag wurde mein Vorschlag allerdings mit einer abschätzigen Kopfbewegung abgetan: „Mama, ish will als Bat gehen und die haben Flügel. Die musst du basteln!“ Ich? Basteln? Hat der einen Knall?
Damit ich auch genau verstehe, was für Flügel er haben will, holt er sein Dinosaurier Buch und zeigt mir einen Flugdinosaurier mit sensationell geschwungenen Flügeln. „Das ist aber keine Fledermaus, das ist ein Flugsaurier. Der hat andere Flügel“, werfe ich ein. Er wischt mein Argument ganz einfach vom Tisch: „Dann gehe ich eben als Flugsaurier. Ich will so Flügel.“ Scheiße.
Ich kaufe hastig schwarze Pappe und eine Stunde, zwei Schnittwunden und sehr viel Tesafilm später inspiziert Sam die Flügel und sagt: „Damit kann man nicht fliegen.“ Mann, ist der kleinlich.
Greta, die Nachbarstochter, kommt im Cowgirl-Kostüm vorbei, sieht die Flügel, lächelt müde und fragt Sam, ob er zum Spielen runter kommen möchte. Sam nickt und die beiden lassen mich mit meinem Basteldesaster allein zurück. 2 Minuten später höre ich: „Ich will als Ninjago gehen, Mama! Und zeigt mir eine schwarze Ninja Haube, die er in Gretas Verkleidungskiste gefunden hat.“
„Sam, es ist 18.30 Uhr, die Faschingsparty ist schon morgen, ich weiß gar nicht, wo ich das jetzt noch besorgen soll.“ „Bei Galeria Kaufhof! Die haben Donnerstags bis 22 Uhr auf“, schlägt Greta vor. Schulkinder sind manchmal so entsetzlich altklug. Ich liebe Greta, aber warum muss sie mich regelmäßig so in die Bredouille bringen? (Als Erinnerung: Hamster – hier)
Ich schlage vor, dass ich Bea (Mimis und Bens Mutter, auch Nachbarin im Haus) frage, ob sie irgend ein Ninjago Kostüm hat. Sie verspricht mir, später nachzuschauen, hätte aber auf jeden Fall Captain Rex und Darth Vader im Angebot. Sam ist verzückt: „Captain Reeeeeeex! Yeah!“
Um 20 Uhr schläft er, Bea ist zuhause angekommen, wir kramen die Verkleidungskiste ihrer Kinder durch: Das Darth Vader Kostüm ist vollständig und auch das blutige Skelett Kostüm. Bei Captain Rex ist die Maske da, aber nicht der Anzug. „Hab ich Dir den nicht schon mal ausgeliehen?“, fragt Bea. Auf gar keinen Fall! Dann fällt mir aber ein, dass sie ihn uns nach London mitgebracht hatte. Allerdings war der am Ende so klein, dass Sam ihn zum Abschied an seinen kleinen japanischen Freund Haruto weiterverschenkt hatte. Jetzt haben wir den Salat.
Ich checke Amazon, aber selbst mit MegaPrimeaccountsuperexpress und allen Wucher-Aufschlägen kriege ich kein Rex Kostüm mehr bis morgen um 8 Uhr nach Berlin geschickt. (Note to myself: Businesssidee/ Late-Night- Kinder-Fashingskostüm-Verleih!)
Um Mitternacht lege ich mich endlich schlafen und bete, dass mein Sohn Darth Vader sein will.
Um 6.35 Uhr werde ich eines Besseren belehrt: „Ish will aber nur Captain Rex sein! Die Maske ist cooler“. Zum Glück findet er aber selbst eine Lösung. Er zieht den Darth Vader Anzug an und die Captain Rex Maske: „Ich bin Darth Vader, der sich als Captain Rex verkleidet hat!“ So! Großartig! Fall geklärt. Dachte ich.
Um 6.56 Uhr will er vielleicht doch lieber Robin Hood sein, um 7.05 Uhr „Vielleicht Pirate wie Carlos?“ und um 7.16 Uhr „Nein, Mama, ish hab’s! Ich will Katze sein! Dann bin ich Carlos Piraten Katze.“ Katzenkostüm haben wir nicht, nur Löwe. „Dann bist du ein Piraten Löwe!“ Er rollt die Augen: „Das gibt es gar nicht, Mama!“ Um 7.34 Uhr ist er den Tränen nah, ich auch. Alle Kostüme sind mehrmals anprobiert worden. Irgendwie ist nichts dabei. Ich erinnere mich noch, wie ich genauso als 17 Jährige vor meinem Kleiderschrank saß und Kleider für den Abschlussball anprobierte. Ach, die Kinder werden heute aber auch immer frühreifer.
Wir frühstücken erst einmal in Ruhe. Nach einem Nutellabrot kann man besser denken.
Er entscheidet sich für das Löwenkostüm. Das ist allerdings zwei Nummern zu klein und er sieht aus wie ein Presswurst-Löwe. Auf dem Weg zur Kita schimpft er: „Mama, mein Pullerman tut weh! Das Kostüm ist ßu klein!“ Kann ich jetzt aber auch nicht mehr ändern.
Als uns Captain Spock die Tür öffnet, umgeben von einem Marienkäfer, zwei Piraten, einem Teufelchen, 1 Elfe und 2 Prinzessinnen, werde ich sentimental. Oh Gott, sind die alle süß! Und das hier wird unsere letzter Kita-Faschingsparty sein. Ich bin den Tränen nahe. Denn auch wenn Sam zurückgestellt ist, geht er ab Sommer in den internationalen Kindergarten/Vorschule und wir verlassen unseren geliebten Hippie-Kinderladen. Sam ist allerdings im Glück: Carlos findet Piraten können auch Löwen haben und ich radele erschöpft nach Hause. Ich hoffe, die haben auch Fasching im neuen Kindergarten. Ich würde diesen Wahnsinn sonst echt vermissen.
Tags: Nervensägen
3 Comments
Herrlich!
Auch wenn dir wohl eher nicht danach war: ich habe Tränen gelacht!
Hahaha, wie fantastisch du das erzählst! Ich könnte schwören, du hast unsere Situation von vor ein paar Jahren beschrieben 😉 Deshalb bin ich mir ganz sicher, dass du dieses Faschingsglück auch nächstes Jahr noch einmal genießen wirst. Denn ganz gleich ob Hippie-Kinderladen in Berlin, internationaler Kindergarten oder Waldkindergarten in der Nähe vom Bodensee (das ist unser Fall) – diese Adrenalin-geschwängerte Story wird überall auf der Welt immer wieder dort aufgeführt, wo Kinder Fasching feiern…
Habe echt geschmunzelt. Bei uns im Kita/Vorschule war Thema Afrika. Auch nicht besser. Erst Löwe sein. Nein dann Elefant. Och nö lieber Krokodil. Dann aufeinmal Zebra. Da wird man Wahnsinnig. Zum Schluß wollte er Affe sein und wir haben noch ein Kostüm bekommen, aber eine Nr größer. Wir mussten Hosenträger ran machen, die auch noch bunt waren. Naja wer kennt schon einen Affen mit Hosenträgern? Ist halt einmalig.