Es ist 6 Uhr morgens und wir werden von unserem Fahrer Sunil abgeholt, den uns dankenswerterweise Anja von unserer Parklyn Lodge organisiert hatte. Wir wollen nach Pinnawala, dem berühmten Elefantenwaisenhaus. Wir haben lange überlegt, ob wir den Ausflug unternehmen sollen. Im Netz hatten wir so unterschiedliche Beiträge über Pinnawala gefunden: Von „Ein Erlebnis, das man nicht verpassen darf“, bis zu „Horror und reine Tierquälerei“. Anja sagte: „Touristisch ist es schon, aber es ist wirklich ein Erlebnis.“
Jetzt schlängeln wir uns durch den Morgenverkehr von Colombo. Die Straßen sind knackvoll, Schulkinder klettern in ihren weißen Uniformen in alte Schulbusse und vollbepackte Tuk-Tuks fahren Slalom zwischen den Autos und Fahrrädern hindurch, die meistens 3 Personen transportieren. Manchmal stehen in der Mitte einer Kreuzung Polizisten in schönen khakifarbenen Uniformen und geben den Verkehrsteilnehmern mit ihren weißen Handschuhen mir vollkommen unverständliche Zeichen.
Aber Sunil hat die Straße im Griff, während wir auf dem Rücksitz versuchen, die Logarithmen dieser Verkehrsordnung zu begreifen. Aussichtslos! Die Straße ist eigentlich vierspurig, der Verkehr aber verhält sich, als sei sie achtspurig. Es wird gebremst, gehupt, geschlängelt und ausgewichen. Das Ganze wirkt wie eine geheime Choreographie, die man nur verstehen kann, wenn man hier groß geworden ist. Ich entscheide mich dafür, ein Nickerchen zu machen, bevor ich total irre werde. Sam macht mit, Marc fährt mental weiter mit und ist nach 10 Minuten schon total erschöpft.
Wir fahren durch unendliche viele kleine Dörfer ohne Namen, aber mit um so mehr Bewohnern. Zwischendurch macht Sunil kurz Halt, um sich in einer kleinen Bude am Straßenrand einen Snack zu holen. Er kommt 5 Minuten später zurück, das Frühstück hat auf seinem weißen Hemd zwei große rötliche Flecken hinterlassen. Nach zweieinhalb Stunden haben wir dann endlich Pinnawala erreicht. Wir kaufen die Tickets, während Sunil das Auto parkt.
Die Anlage sieht aus wie ein Zoo bei uns. Es sind unzählige Grundschulklassen zu Besuch. Elefanten mit ihren Aufpassern stehen auf der Wiese oder wälzen sich im Schlamm. Sunil hat sich uns wieder angeschlossen. Die rötlichen Flecken auf seinem Hemd hat er geschickt mit weißer Zahnpasta überdeckt. (Den Trick muss ich mir merken.)
Er kennt alle Wärter persönlich und führt uns herum. Man kann Obstkörbe kaufen und die Elefanten damit füttern und wenn man sich beim Eintritt noch ein zusätzliches Ticket kauft, dann darf man sogar die Elefantenbabys füttern.
Und natürlich ist beides ein wahnsinniges Erlebnis: Sich von den grauen Riesen mit diesem großen Rüssel ein Stück Ananas aus der Hand nehmen zu lassen oder dem Elefantenbaby die Flasche zu geben, ist einfach unglaublich. Sam kriegt kaum Luft vor lauter Glück und Aufregung.
Gegen zehn Uhr werden alle Tiere über die Straße zum Fluss getrieben, damit sie ein Bad nehmen können.
Und ich muss sagen, dass mir der Teil am besten gefallen hat. Es ist großartig, diese Dickhäuter bei ihrem Spiel im Wasser zu beobachten, wie sie sich in ihrer natürlichen Umgebung bewegen und sich immer wieder ins Wasser plumpsen lassen, während wir in einem Restaurant am Fluss frühstücken. Es geht mir hier allerdings ähnlich wie in jedem europäischen Zoo. Man kommt nicht um die Frage herum, ob das alles immer im Namen der Tiere geschieht.
Tatsächlich ist Pinnawala in Verruf geraten. 1978 wurde die Anlage als Auffangstation für Elefanten gegründet, mittlerweile werden dort aber auch Tiere gezüchtet. Auch die Tierhaltung wird heftig kritisiert. Knapp 90 Tiere leben hier mittlerweile. Pinnawala wird vom Sri Lanka Department of Wildlife Conservation geleitet.
Früher war das erklärte Ziel, die Tiere wieder auszusetzen, nachdem sie aufgepäppelt waren. Heute bleiben sie meistens, werden als Arbeitselefanten eingesetzt oder verkauft. Erst nach unserer Rückkehr habe ich einen Link zum Elephant Transit Home gefunden, wo die Ursprungsidee von Pinnawala anscheinend noch gelebt wird: Die Tiere werden nur aufgepäppelt und wieder freigelassen. Das heißt aber natürlich auch, dass man die Tiere nicht anfassen darf, denn sie sollen sich ja gar nicht erst an Menschen gewöhnen. Aber wenn man auf Trip Advisor die Beurteilungen liest, dann kommen sie auch nicht nur gut weg. Wer noch weitere Informationen möchte, findet sie auf der Seite von Pro Wildlife Details über das Elephant Transit Home findet ihr hier.
Ach, es bleibt ein schwieriges Thema. Einerseits ist es einfach ein unglaubliches Gefühl, ein wildes Tier zu berühren, dem man sich in freier Wildbahn nicht nähern dürfte. Andererseits sind wir Menschen es, die diesen Tieren ihre Wildheit und damit Freiheit genommen haben. Es ist eine Krux. Und während mir diese Gedanken durch den Kopf gehen und ich keine Lösung finde, machen wir uns auf den Weg zu einer Teeplantage in den Bergen Kandys… mehr dazu Freitag.
Tags: Reisen
4 Comments
Ich war vor zwei Jahren auch in Sri Lanka und habe die Reise als sehr schön empfunden. Das einzige, was mir sehr schlecht in Erinnerung geblieben ist, war ein Besuch bei den Elefanten bzw. beim Elefantenreiten. Dieser Ausflug war in unserer Rundreise eigentlich nicht auf dem Programm, wurde aber trotzdem durchgeführt. Elefanten, die an Ketten eine Runde durch den Wald gezwungen werden und extrem dreiste Elefantenführer, die Touristen bedrohten, wenn sie nicht ihr extrem hohes (Zwans-)Trinkgeld bezahlen wollten. Zudem erzählte uns der Reiseführer, das die Elefanten vor Ort auch einseitig und möglichst kostengünstig gefüttert würden. Das schlechte Gefühl blieb einem Großteil unserer Reisegruppe erhalten und sorgte bei der sonst so schönen Reise für einen schalen Beigeschmack.
Liebe Grüße,
Julia
Ich bin mit meinen beiden Kindern auch gerade in Sri Lanka. Falls Ihr Zeit habt und die Fahrt auf Euch nehmen wollt, fahrt nach Udawalawa und Yala. Da gibt es wilde Elefanten satt. Pinnewala fand ich schrecklich traurig.
Liebe Pauline, danke für Deinen Tipp! Wir hatten es kurz überlegt, haben uns dann aber für Strand und nicht weiter rumfahren entscheiden. Next time!! Lieben Gruß Lucie
Schade, dass wir uns nicht gesehen haben. Wir sind seit zwei Wochen in Unawatuna und wohnen in Sunil Garden. Hoffe, Ihr seid gut heim gekommen.