„Sie haben einen sehr schönen Hund!“, brüllt Sam dem Mann mit dem weißen Schäferhund zu. Der Hundebesitzer schaut verdattert, fast schon geschockt.
Wir machen eine Fahrradtour. Und für alle die hier neu sind: Mein Sohn ist ein Hundefanatiker. Eigentlich reicht diese Beschreibung nicht. Ich glaube, er war im letzten Leben selbst einer und wird im nächsten Leben auch wieder einer. Ob auf dem Weg zur Schule, zur U-Bahn oder zum Einkaufen, ich plane immer mindestens 15 Minuten extra für den Weg ein, weil Sam jeden Hund ausgiebig streicheln und dabei Smalltalk mit den Besitzern führen möchte.
Nur, wenn man eine Fahrradtour macht, dann kommt man nicht weit, wenn man alle 150 Meter absteigt, um einen Hund zu streicheln. Ich habe darum Hundestreichel-Verbot erteilt. Es gab eine kurze, knackige Verhandlung, dann einigen wir uns: Wir fahren Fahrrad, außer es kommt eine französische Bulldogge vorbei, dann darf er anhalten, streicheln und ich muss warten.
Jetzt ist er dazu übergegangen, jedem Hundebesitzer zuzurufen: „Sie haben aber einen sehr schönen Hund!“ Beim ersten Mal falle ich vor Lachen fast vom Fahrrad und Sam sieht mich verwirrt an: „What, Mama, das ist doch nice!“ Natürlich ist es das. Nur, äh.. ungewöhnlich.
Und noch unterhaltsamer ist es zu beobachten, wie völlig überfordert die Hundebesitzer reagieren, wenn ihnen ein 6-Jähriger blonder, kleiner Junge strahlend Komplimente vom Fahrrad zuruft. Der erste Besitzer ist ein älterer Herr, der einen mehr als skeptischen Gesichtsausdruck bekommt und groß auf seiner Stirn stehen hat: „Will der mich verarschen?“ Die zweite Dame ist ebenfalls irritiert, schaut von ihrem Hund zu Sam, zu mir und stottert dann: „Ähh… ja, … äh… danke!“
Ja, wir sind Freundlichkeit auf der Straße von wildfremden Menschen nicht gewohnt. Wir sind es gewohnt, immerzu und überall angeschnauzt zu werden: „Die Ampel ist rot! Was sind Sie denn für ein Vorbild!“ Wir sind es gewohnt, von Fahrradfahrern aus dem Weg geklingelt zu werden. Wir sind es gewohnt, angepöbelt und Einkaufstüten in die Hacken zu bekommen. Aber Komplimente? Völlig aus dem Nichts? Und dann auch noch strahlend und aus tiefstem Herzen? Wo gibt es denn das bitte? Der dritte Hundebesitzer scheint Sams Kaliber zu haben, denn er ruft fröhlich zurück: „Danke! Und du hast ein wirklich tolles Fahrrad!“ Ach, und das Strahlen auf Sams Gesicht! Unbezahlbar.
Ich ernenne den heutigen Tag zum Tag der „Unerwarteten Komplimente“. Macht ihr mit? „Sie haben aber eine schöne Bluse an!“, kann man seinem Nachbar in der U-Bahn sagen. Oder „Spitzen Haarschnitt! Steht Ihnen wirklich gut.“ Wer in Berlin wohnt, der kann die Hunde – Komplimente weglassen, das deckt Sam bestens ab. Aber ansonsten haut rein. Macht euch und anderen gute Laune. Das Leben ist zu kurz für schlechte Laune!
Happy Wednesday!
6 Comments
Sam ist der Knaller und nach diesem Artikel denke ich, er muss mein geheimer Zwillingsbruder sein! 😀 Bei französischen Bulldoggen hält mich nämlich nichts mehr, aber auch für einen anderen Hund (es war ein Welpe!) habe ich schon das Auto schnell an den Rand gelenkt und bin rausgesprungen, um ihn zu streicheln. Bei einer Anfang 30-jährigen Frau gucken die Leute da auch meist ziemlich verwirrt – ich wette, die kontrollieren danach ihre Brieftaschen, um zu prüfen, ob ich eine Trickbetrügerin bin…
Wir bekommen im nächsten Sommer eine französische Bulldogge und wenn wir dann mal in Berlin unterwegs sind, halten wir die Augen nach Sam Sunshine auf! :-)))
Liebe Annika, das hört sich wirklich so an, als ob ihr bei der Geburt getrennt worden seid… oder kosmische Zwillinge seid. Soll es ja auch geben! Happy Wedndesday!
In Amerika ganz normal, daß jemand auf dem Schulflur oder im Supermarkt einem sagt: „Hey, I love your dress!“ oder „Nice shirt!“- hier in Deutschland erntet man in der Tat erstmal Verwirrung. Aber dann auch oft ein Lächeln- läuft 🙂
Wir bekommen am Wochenende einen Hund. DEn ertsten und einen Welpen. Wir sind alle total aufgeregt… Leider wohnen wir in Dortmund und somit zu weit weg von Euch, sonst hätte ich Sam gern mal als Sitter engagiert!
Have a good day! Yvette
Love that! ♥
Ach! Ich hab mich sehr über diesen Text gefreut! Ich wünsche euch noch viele Hundebegegnungen oder eher Sam? 🙂 Die Idee mit den random Kompliments ist wirklich sehr schön. Mal sehen, ob ich das einsetzen kann.
Happy Day
Iris
Ha, wie geil, meine 5-Jährige macht das auch. Heute morgen erst einem älteren Mann vom Roller aus zugerufen: „Du hast aber einen schönen Pulli!“ – ich hab mich fast weggeschmissen. Ja, wir sollten wirklich viel öfter Komplimente machen. Bei Hunden müssen wir auch immer stehen bleiben.
Liebe Grüße, Ella