Wie bitte? Du liebst es nicht, Mutter zu sein? Es ist gar nicht deine absolute Erfüllung? Im Gegenteil? Unter dem Hashtag #regrettingmotherhood geht es gerade hoch her im Netz und Auslöser dafür war dieser Artikel in der SZ. (Hier geht’s zum Artikel) Wie es scheint wird hier eine heilige Kuh geschlachtet.
Die heilige Kuh „Mutterglück“.
Ich habe den Artikel bei facebook gepostet, weil mich interessierte, wie eure Sichtweise darauf ist. Was mich am meisten erstaunte war, dass ich private Nachrichten von Müttern erhielt, denen vor Erleichterung Zentner von den Schultern zu fielen schienen. Zentner! Ich konnte es in jedem Wort hören. Und das berührte mich sehr. Wie schrecklich, mit einem „unerlaubten“ Gefühl durchs Leben zu gehen. Und wie stehe ich eigentlich zu diesem Gefühl?
In meiner Schwangerschaft verabredete ich mit meiner Freundin Laura, die ebenfalls schwanger war. Laura und ich mögen uns sehr, aber wir leben in unterschiedlichen Städten. Wenn wir uns sehen, kauen wir uns ein Ohr ab, aber manchmal haben wir auch 2 Jahre keinen Kontakt, weil der Alltag dazwischenkommt.
„Bist du eigentlich glücklich damit, schwanger zu sein?“, fragte sie mich damals. Ich strahlte: „Na klar!“ Aber sie war es nicht. „Ich hoffe, ich bereue es nicht“, antwortete sie. Mich hat das damals total irritiert. Und vor allem überfordert. Dieses Gefühl war nicht in meinem emotionalen Spektrum vorhanden. Oder doch? Darf man so etwas sagen? Ich weiß nicht mehr genau, wie ich reagiert habe. Vermutlich (leider) nicht besonders hilfreich.
Auch nach der Geburt ihres Kindes stellte sich bei Laura nicht die große Liebe zu ihrem Nachwuchs ein. Aber sie traute sich, das ganz offen zu sagen. Mir hingegen bohrte es bei ihren Worten jedes Mal einen Dolch ins Herz. Darf und kann das überhaupt sein? Ja, das darf und kann. Frau muss es fühlen und sagen können. Wenn ich sie heute mit ihr spreche, dann bewundere ich ihren Mut, von Anfang an zu diesem irritierten, ablehnenden und hinterfragenden Gefühl gestanden zu haben. Und sich trotzdem rührend um das eigene Kind zu kümmern.
Ich kenne das Gefühl der Überforderung und hatte unzählige Fluchtimpulse. (Ich bin mir mittlerweile sicher, dass diese Ambivalenz zum Muttersein dazu gehört.) Aber ich kenne es nicht in diesem Ausmaß, dieser Gefühlstiefe und der Unüberwindbarkeit, wie sie oder auch andere Mütter es beschreiben.
Viele Bloggerinnen haben auf den SZ Artikel reagiert. Auf dem Blog Hirngespinst ist ein sehr ehrlicher Artikel über die Ambivalenz des Mutterseins zu finden. Phoenix Frauen schreibt in ihrem Beitrag „Geständnis“ zu dem Thema. Und die Störenfriedas haben einen Beitrag gepostet „Leben im Käfig“. Jessica von Herz und Liebe schrieb dazu den Post „Die Sehnsucht nach der Unabhängigkeit“. Und bei „Mama arbeitet“ kann man den Beitrag „Regretting motherhood – Nein. Aber.“ lesen.
Auch wenn es mich selbst nicht so unmittelbar betrifft, berührt es mich sehr. Schon aus lauter Frauensolidarität. Und weil es Zeit ist, dieses Tabu zu brechen. Laut schimpfen dürfen wir Mütter ja mittlerweile, wenn auch nur in einem gewissen Rahmen. Also über Haushalt, Schlafmangel, Hängebauch, Stillbusen, Spielplätze und schlechte Babysitter. Totale Überforderung, Erschöpfung oder zu schwarze Gedanken sollte man allerdings für sich behalten.
Aber es ist an der Zeit, diese Grundannahme in Frage zu stellen, dass jede Frau Mutter werden will. Ich glaube nicht, dass Mutterschaft für jeden etwas ist oder gar ein Garant für Glück und Erfüllung. Es ist eine individuelle, sehr persönliche Entscheidung.
Es sollte in unserer Gesellschaft möglich sein, nicht still leiden zu müssen, wenn frau diesen Schritt bereut, sich nicht „heimlich“ gegen diese Haltung stellen zu müssen oder sich ihr mit großen Schuldgefühlen zu widersetzen. „Das ist ja wie Schwulsein in den 50er Jahren!“, rief meine Freundin Raffaela spontan.
Ja, tatsächlich hat es was davon. Sollten wir als Gesellschaft nicht schon viel weiter sein?
Und was für eine Gesellschaft, ja Gemeinschaft sind wir, wenn wir uns nicht – ganz unabhängig von unserer persönlichen Ansicht – gegen dieses überhöhte, historisch eventuell überholte oder einfach überdenkenswerte Mutterbild wehren und die Gefühle willkommen heißen, die uns befremden? Sonst nehmen wir billigend in Kauf, dass viele Frauen unglücklich sind und dieses Gefühl der Bürde und des Falschseins an ihre Kinder weitergeben. Was für ein fataler Kreislauf, der nur Verlierer zurücklässt.
Der Regisseur Ingmar Bergmann hat gesagt: „Es gibt keine Grenzen. Weder für Gedanken, noch für Gefühle. Es ist die Angst, die immer Grenzen setzt.“
Tags: Leben Mütter
33 Comments
[…] Lucie Marshall, die eine heilige Kuh geschlachtet sieht. Der Artikel erscheint auch bei Familie rockt. […]
Tol geschrieben und so wahr……Mütter schaffen immer alles, nur das WIE will nie jemand hören!
Wunderbar geschrieben. Und ein sehr wahres Zitat am Ende! Danke! Ich verlinke dich auch gleich bei mir. <3
Kühe schlachten???? Geht’s noch????
Nein, ganz im Ernst. Danke für deinen Artikel. Ich habe bis jetzt alles dazu gelesen und wundere mich immer noch still vor mich hin.
Die Arbeit, die dem Artikel zu Grunde liegt, steht seit Dezember letzten Jahres im Netz: http://www.academia.edu/9820246/Regretting_Motherhood_A_Sociopolitical_Analysis Interviews mit 23 Frauen geführt in Israel. Soweit, so unspektakulär.
Nur warum steht im SZ Teaser „Doch viele Frauen bereuen ihre Mutterrolle.“ Viele? Hingeschrieben ohne eine fundierte Datenbasis. Bedenklich…
Liebe Grüße, Sophie!
Liebe Sophie,
Über den Artikel und seine Überschrift etc kann man bestimmt vieles sagen und schreiben… mich hat tatsächlich mehr interessiert, was er auslöst. Und da ist ganz sicher ganz großer Redebedarf.
Liebste Grüße an Dich und Deine Süßen, L.
Bei der qualitativen Sozialforschung geht es im Gegensatz zur quantitativen Sozialforschung nicht um eine möglichst breite Datenbasis oder gar Repräsentativität, sondern darum, eine Problemstellung aus verschiedenen Perspektiven auszuleuchten. Das ist der Autorin der Studie meiner Meinung nach gelungen.
Liebe Lucie,
vielen Dank für deinen Artikel zu diesem Thema.
Für mich sind „Kinder zu haben“ seit 3 Jahren die größte Herausforderung. Weil so wie ich sie habe….das wollte ich nie.
Alleinerziehend.
Nun sitzt ich abends zu Hause und darf mit all den Sorgen und Nöten alleine umgehen.
Mutter sein habe ich mir anders vorgestellt. Aber alles meckern bringt nichts und so erlaube ich mir regelmäßig meine Kinder zu lieben und sie im nächsten Moment zum Mond zu schießen. 😉
Viele Grüße Alexandra Widmer
Liebe Alexandra,
Danke für Deinen Kommentar. Lieben und auf den Mond schießen hört sich nach einer gelungenen Mischung an. Und ich kann sehr gut verstehen, dass Du das zusammen mit enem Partner leiber tun würdest.
Liebste Grüß
Lucie
Folge der Diskussion seit Tagen und freue mich über diesen längst fälligen Tabubruch! Väter fühlen auch oft so, die Erwartung an ihre durchgehende Begeisterung, Kinder zu haben, ist allerdings nicht so hoch. Warum sie wohl durchaus gerne manchmal länger im Büro bleiben? Ach, diese Zerissenheit und Ambivalenz! Wir müssen über unsere Gefühle sprechen, das macht das Herz leicht und tut den Kindern gut. Ich selbst habe festgestellt, dass ich meine Kinder sehr liebe, aber jeden Tag als unglaubliche Anstrengung empfinde. Nach dem Wochenende freue ich mich auf die Ruhe im Büro. Ich habe keine Ahnung, wie man „richtig“ erzieht, und es macht mir wenig Spaß, mit kleinen Kindern zu spielen. Urlaub mit Kindern finde ich bisher nahezu grausam. Nichts kann man mehr tun, was man einst so gerne tat, schon gar nicht schlafen. Aber, wenn ich sie dann so im Arm halte, geht mein Herz über.
Liebe Anna,
was Du beschreibst hört sich leider nach Mutteralltag an. Wie schön, dass Dir trotzdem das Herz übergeht, denn das ist das was es ausmacht. Und den Wahnsinn ertragen und meiner Meinung nach auch immer wieder genießen läßt.
Lieben Gruß
Lucie
Oh, der Absatz, über was man schimpfen darf und was nicht! So wundervoll prägnant zusammengefasst habe ich es noch nie gelesen.
Eltern werden ja heutzutage überall ermutigt, über die ganzen kleinen und auch großen Alltagsprobleme zu schimpfen und zu jammern.
Aber dabei darf bloß keine echte Verzweiflung oder Hilflosigkeit aufkreuzen, kein Zweifel an der Fähigkeit zu funktionieren aufkommen.
Liebe Neeva,
und genau das gilt es zu ändern.
Lieben Gruß
Lucie
Ich würde wirklich gerne mal einen Text einer Mutter lesen, die sich, wenn sie nochmal zurück könnte, gegen Kinder entscheiden würde. Also ihre Mutterschaft tatsächlich bereut und nicht nur die Umstände, unter denen wir hier Kinder grossziehen.
Ja, das ist der Unterschied zwischen Ambivalenz (die die meisten von uns sehr gut in unterschiedlichen Schattierungen kennen) und tiefer Reue. Ich habe auch noch keinen Text gefunden.
Lieben Gruß
Lucie
Historisch auch sehr bedenkliche Mutterbild – vergessen wir nicht, dass das Bild der deutschen Mutter ganz besonders und extrem von der Nazizeit geprägt wurde!!!
An uns wird immer rangetragen, dass Muttersein die Erfüllung all unserer Träume sein muss! Aber muss es das? Wer trägt das denn an einen ran (und welche Prägung steckt dahinter – z.B. Nazizeit).
Das muss es doch einfach auch geben dürfen. Diese Palette aller Gefühle und diese Vielfalt. Ich bin gerade schwanger und ich freu mich total. Aber damit habe ich in dem Ausmaß überhaupt nicht gerechnet. Das überrascht mich selbst stark.
Ich könnte mir genauso gut vorstellen, dass es mir wie deiner Freundin hätte gehen können. Dass ich dieses Energiemonster nicht so beglückend empfinde, sondern distanziert und anders.
Es gibt doch auch in der Tierwelt immer wieder Mütter, die ihre Kindern nach der Geburt verstoßen und nicht annehmen (und wir sind nun mal auch biologisch Tiere). Ich finde, es muss Mütter geben dürfen, die das bereuen, die einfach nicht einen Bezug zu ihrem Kind finden. Genauso wie es Mütter gibt, bei den das überraschenderweise ganz anders ist.
Ich habe vor Jahren im Zug mal eine ältere Frau kennen gelernt, die mir ganz offen erzählt hat, dass dieses Omading nichts für sie ist. Sie mag ihre Enkelkinder, aber hat lieber studiert und ihre eigene Sache gemacht, als unserer Bild der Oma zu entsprechen. War ne zufällige Begegnung, eine tolle Frau. Und ich glaube, da gehört auch schon Mut dazu, zu so was zu stehen.
lg Nanne
Das mag alles richtig sein, aber ich finde man muss auch nicht jedes Empfinden öffentlich ausdiskutieren. Was soll eigentlich diese Diskussion, dass das Elternsein ambivalente Gefühle hervorruft ist ja nicht neu. Und das ganze an 23 Frauen aufzuhängen, naja ich weiß auch nicht. Hoffe, dass den betroffen Kinder das nicht so deutlich zu Ohren kommt.
Und eine verantwortungsvolle Mutterschaft in einem Atemzug mit der Nazizeit zu nennen finde ich bedenklich. Und ja, wir kennen alle die damalige Propaganda.
Kleine Anmerkung – Omas und Opas die heute lieber Reisen und Joggen ist doch nicht mutig, oder?
Liebe Gudi,
ich glaube wird jetzt ein bißchen viel durcheinander geworfen.
Die Nazizeit hat ein ganz bestimmtes Mutterbild stilisiert und glorifiziert und ich kann mir schon vorstellen, das unsere Generation davon auch noch etwas spürt. Ich habe den Kommentar von Nanne nicht so verstanden, dass sie das in einem Atemzug mit „verantwortungsvoller Mutterschaft“ nennt.
Nicht jede Empfindung muß öffentlich ausdiskutiert werden, ja,das stimmt, diese aber schon. Vor allem, wenn sich soviele so angesprochen fühlen, dann muß man schauen warum und wieso.
Dieses Thema ist so irre komplex, das es sich a) sehr schlecht verallgemeinern läßt b) kaum in einen Blogbeitrag paßt und es c) unendliche Perspektiven gibt aus denen man es anschauen muß und sollte. Von daher ist mein Beitrag nicht mehr als eine Annäherung.
Schönen Abend
Lucie
Hallo zusammen 🙂
Natürlich gibt es Frauen, die keine Kinder bekommen möchten und das ist auch ihr gutes Recht! Und zum Glück kann man sich in unserer Kultur die Entscheidung schon selbst „abnehmen“, indem man entsprechend vorsorgt.
Als schwierig erachte ich es aber, wenn Frau bewusst ein Kind bekommt, diesem dann aber (aus welchen Gründen auch immer) das Gefühl vermittelt, dass man mit ihm nix anfangen kann, es unerwünscht oder störend ist. Das mag zwar sehr ehrlich und für die Mutter ein Stück weit befreiend sein, aber es sind dann doch mehr die Kinder, die mir leid tun, da sie dieses Gefühl des „nicht geliebt werden können’s“ ja auch ein Leben lang prägen wird.
Nur was tun? Mutterliebe entwickelt sich ja nicht, nur weil die Umwelt es erwartet und das Kind sie braucht. So gesehen, ist es schon ähnlich anzusiedeln wie Homosexualität, welche sich (die meisten) ja nicht aussuchen sondern einfach so empfinden. Und zum Glück heute (bei uns) auch ausleben dürfen. Genauso würde ich es auch Frauen/Mütter wünschen, so auftreten zu dürfen, wie sie empfinden.
Aber dann hinkt der Vergleich doch wieder, denn Mütter entscheiden eben nicht mehr nur für sich selbst. Und mit dem bewussten Entschluss ein Kind in die Welt zu setzen, übernimmt man eben auch eine langjährige Verantwortung.
Ich kann mir zwar nicht vorstellen, wie man sich fühlt, wenn die erhofften Gefühle für das eigene Kind nicht aufkommen, einem versagt bleiben. Es ist wahrscheinlich auch nicht vergleichbar mit einem zeitweise angenervt oder überfordert sein … und sicher gibt es auch viele schlimme Einzelschicksale …
Aber dennoch bleibt die Verantwortung, die wir Mütter eingehen, wenn wir ein Kind in die Welt setzen. Es geht nicht darum, sich zu verstellen und die beste aller Mamas zu werden. Aber wir sind verantwortlich dafür, dass die kleinen Seelen sich gut fühlen und sich gesund entfalten können.
Ein Patentrezept für alle, bei denen sich keine Muttergefühle einstellen und die ihre Mutterrolle bereuen, habe ich auch nicht parat. Leider! Aber man kann die Zeit nicht zurückdrehen und die Kinder können dafür am wenigsten …
Natürlich hilft es den Kindern auch nicht, wenn ihre Mütter todunglücklich am Küchentisch versauern, weil ihnen ein Kloß im Hals steckt. Vielleicht sollten die Glücklichen für die weniger Glücklichen öfter ein offenes Ohr haben und sie nicht verurteilen, sondern ihnen helfen, einen für alle Beteiligten lebbaren Weg zu finden.
Wir können die Welt nicht ändern, aber ein bisschen mehr Toleranz und Hilfsbereitschaft im eigenen Umfeld, könnte so manchen auch schon mal schrägen „Feministen-Gesang“ ersetzen und der ein oder anderen „unglücklichen“ Mama wirklich helfen.
Autsch, nicht hauen jetzt … 😉
Besser machen!
Schönes Wochenende,
Kirsten
Liebe Kirsten,
danke Dir für Deinen Kommentar. Hier wird keiner gehauen. 🙂
Auch hier gilt es wieder zu differenzieren zwischen Ambivalenz, die jede Mutter mehr oder weniger verspürt (und die auch gerne laut gesagt werden darf) und tiefer Reue.
Es muß furchtbar sein für ein Kind zu Erfahrungen, wenn einen Mutter nichts als Reue verspürt. Da gebe ich Dir total recht. Und dennoch bleibt die Verantwortung und die muß man tragen und hoffentlich den bestmöglichen Weg für sich und das Kind finden. Das ist mit Sicherheit ein riesige Herrausforderung. Und ich habe keine Ahnung, wie da eine Lösung aussehen kann.
Deinen letzten Absatz untesrchreibe ich so, wie Du ihn geschrieben hast. Es würde viel helfen und vielelicht nicht alle, aber einige Herzen erleichtern.
Lieben Gruß Lucie
Ich (62 J.) bin froh, endlich mal dieses Thema veröffentlicht zu finden, das mich schon so lange beschäftigt. Als Mutter hat man immer die „Arschkarte“ gezogen, egal wie. Ich habe vor zwei Jahren meiner Tochter meine Mutterschaft gekündigt. Sie war da 27 Jahre alt und hat immer noch nur gefordert. Ein Jahr war Sendepause. Heute sagt sie, sie hätte sich nie gedacht, dass wir noch einmal einen so guten Kontakt haben könnten, wie er jetzt ist. Es war also richtig, wichtig und nötig – und für mich war es damals eine Befreiung. Die ganzen Jahre als Alleinerziehende waren einfach nur immer an der Grenze entlang.
Liebe Grüsse an alle sich befreienden Mütter, Brigitte
Eine Gesellschaft die die normalsten Instinkte verkümmern läßt ist zum Untergang bestimmt
Liebe Borde,
Eine Gesellschaft, die sich nicht entwickelt und sich nicht ihren Bedürfnissen anpaßt ist dem Untergang geweiht. Icvh halte diese Debatte nicht nur für berechtigt, sondern auch dem zeitgeist entsprechend.
Lieben Gruß
Lucie
eine Gesellschaft die Instinkte verkümmern läßt ist dem Untergang geweiht
Als ich Vater wurde, habe ich zwar erst recht gemerkt, wie sehr ich dies liebe, den ständigen Überforderungen zum Trotz.
Interessanterweise wurde mir jedoch ebenfalls sehr viel verständlicher, dass nicht alle anderen Menschen Kinder haben wollen. Nicht wegen der Umstände, nicht weil sie Unmenschen sind, wegen nicht vorhandener Gelegenheiten oder ähnlichem, sondern einfach weil dies nicht für jeden etwas ist, was ihm Erfüllung gibt.
Mir wurde erst nach der Geburt klar, wie sehr ich die Vaterschaft liebe. Tragischerweise wird manchen Menschen erst nach der Geburt klar, dass sie dies nicht so lieben. Und während in unserer Kultur bei Männer nicht so große Ansprüche zur Zuneigung zu ihren Kindern üblich sind, sieht es leider bei Frauen anders aus: Hier gilt es als selbtverständlich, dass sie das Muttersein an sich stets lieben.
Danke, für das Korrektiv in diesem Artikel. Wahrlich eine Kuh, die es wert ist, geschlachtet zu werden.
Lieber Marko,
ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar! Endlich mal ein Mann/Vater, der sich dazu äußert!
Tatsächlich ist es eine sehr gute Beschreibung, die auch dem Argument „das hätte man sich ja vorher überlegen können“ den Wind aus den Segeln nimmt: Man ist erstaunt was diese kleinen Menschen in einem auslösen, in die eine oder die andere Richtung.
Viele Grüße
Lucie
P.S. Erst gestern wurde ich gefragt, ob meinen Blog auch irgendein Mann liest… also, einen habe ich!
[…] finde die Aufregung um #regrettingmotherhood genau deswegen gut, weil dort “die heilige Kuh geschlachtet wird”, wie Lucie Marshall es schreibt. Ich denke nicht, dass viele Frauen jetzt öffentlich zugeben werden, dass sie bereuen, […]
„Von den heute 44- bis 48-jährigen Frauen haben rund 21 Prozent keine Kinder. Solche hohen Werte erreichen in Europa sonst nur Österreich und die Schweiz. Bei älteren Generationen ist dieser Anteil deutlich geringer: Nur elf Prozent der heute 69- bis 79-jährigen Frauen in Deutschland sind kinderlos geblieben.“
Quelle: Statistisches Bundesamt
Und noch eine Statistik
„Kinderlosigkeit in Prozent nach Geburtsjahrgängen“
https://www.demografie-portal.de/SharedDocs/Informieren/DE/ZahlenFakten/Kinderlosigkeit_Kohorten.html
an der man sehen kann, wie die Kinderlosigkeit anwächst – von 12% auf 23% in Westdeutschland, von 8 auf 15% in Ostdeutschland.
Einen Zusammenhang zwischen Kinderlosigkeit und Bildung gibt es auch: Jede vierte Akademikerin und andere Frau mit hohem Bildungsabschluss bleibt heute kinderlos. Ist der Bildungsstand hingegen mittel oder niedrig, so beträgt der Anteil der Frauen ohne Kind lediglich 19 bzw. 17 Prozent.
Auch die Zahl der Single-Haushalte wächst stetig, besonders in den großen Städten (Berlin: 54% Deutschland: 37%).
Es erscheinen Bücher über den „Zeugungsstreik“ der Männer, der dem „Gebärstreik“ entspricht, in dem sich Frauen lange schon befinden:
http://www.berlin-institut.org/publikationen/rezensionen/der-zeugungsstreik.html
Von daher frage ich mich schon, wie frau im Jahr 2015 ernsthaft schreiben kann:
„Aber es ist an der Zeit, diese Grundannahme in Frage zu stellen, dass jede Frau Mutter werden will. “
Wer denkt denn noch so? Ich kenne niemanden. Seit ein paar Jahren wird der Schwangerenbauch zwar etwas gehypt, aber das ist immer so, wenn etwas selten zu werden droht.
Insgesamt dominiert doch eher die zweifelnd erhobene Augenbraue: Wie? Du willst echt ein Kind? Hast du auch bedacht, was das bedeutet?
Liebe Leonie,
Danke für Deinen Kommentar. Sehr interessante Statistik, die uns zeigt, das wir dringend am Klima was ändern müssen, wenn wir nicht aussterben möchten.
Nur, das eine ist die Statistik, das andere ist ein legitimes Gefühl, das trotz der Zahlen ganz offenbar immer noch genug Frauen haben. Von daher halte ich meinen Satz nach wie vor für richtig.
Zur gehobenen Augenbraue: Kommt die von Arbeitgeberseite oder ist die aus dem Freundeskreis? Ich kenne solche Reaktionen eher von Ersterem, was wieder für dringende Klimaveränderung sprechen würde.
Lieben Gruß
Lucie
Hallo,
ich liebe meine Kinder, weil sie jetzt ja nun mal da sind und ich eine Bindung zu Ihnen aufgebaut habe aber wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, dann würde ich mich sicher nicht mehr für Kinder entscheiden. Die Opfer, die ich als Mutter bringe, wiegen für mich persönlich bei Weitem die „Kinderfreuden“ nicht auf. Meine langjährige Beziehung zum Kindsvater hat nicht gehalten. Seit das erste Kind auf der Welt war, hatten wir überhaupt keine Zeit mehr für uns als Paar. Immer ging alles nur ums Kind bzw. dann später die Kinder. Grosseltern, Schwiegereltern haben wir berufsbedingt nicht in der Nähe. Nur Hausfrau und Mutter zu sein wäre für mich einer Folter gleichgekommen und so waren wir beide berufstätig. Jetzt bin ich getrennt und habe ein paar Tage „kinderfrei“ wenn der Kindsvater die Kids nimmt aber fühle mich immer noch wie im Gefängnis. Total fremdbestimmt und gestresst vom Kinderhaben und den Aufgaben und Verbindlichkeiten, was solches nunmal leider mit sich bringt. Milliarden an Arztterminen, Hunderttausende an Kinderkleider und -schuhe besorgen, Turnschläppchen, Gummistiefel, Matschhosen, Fussballschuhe, usw… die ganzen Termine mit Kindergarten, Krippe, Schule, das ganze Zeugs, was man heranschaffen muss, Teegeld, Kopiergeld, Ausflüge, Kuchen backen / Salat machen für irgendeine blöde Veranstaltung, Geld für den Fotografen, Geld fürs Kindertheater, Geld für Geschenkchen an die Erzieherinnen x und y und an was man alles denken muss, unzählige Fussballturniere am Wochenende, Eingewöhnung, Einschulung, Erstaustattung für den Grundschüler, Elternabende, Termine mit Erzieherinnen und Lehrern das Kind betreffend. Wildes Umorganisieren sollten die Kinder wider erwarten mal krank werden und die Kinderunterbringung organisieren in den Ferien, eigentlich ist das Geld nicht das Problem, sondern die Zeit und Nervenkraft die es erfordert, sich um das alles zu kümmern und zu organisieren, was mit Kindern zusammenhängt, von der Schulzeit möchte ich noch gar nicht erst anfangen…..und auf der anderen Seite der Arbeitgeber, der erwartet, dass man auch entspr. Leistung für sein Gehalt bringt…..und man selbst hat ja auch noch so ein paar kleinere Terminchen oder Gesundheitsvorsorge etc. Also ehrlich, manchmal möchte ich einfach nur wegrennen und an der Tankstelle Zigaretten gehen holen und dann schnell das Land verlassen, irgendwo anders wieder neu anfangen unter neuem Namen ohne „Altlasten“, einen lieben netten Mann kennenlernen und ganz sicher keine Kinder mehr mit ihm in die Welt setzen…einfach nur mein Restleben noch geniessen…natürlich würde ich nie meine Kinder im Stich lassen aber manchmal….
Hallo,
ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie ERLEICHTERT ich gerade bin, endlich mal nicht mehr nur von rosaroten u. himmelblauen „Vorzeigemüttern“ umgeben zu sein, für die auch noch der kleinste Furz von ihrem Nachwuchs den Himmel auf Erden bedeutet!!!! 😉
Ich selbst habe eine dreijährige Tochter, die ich – meistens – nicht mehr missen möchte, aber – manchmal – doch… Weshalb es allerdings derart hohe Wellen schlägt, daß auch die „heilige Kuh“ namens Mutterschaft bei – zumindest den denkenden – Menschen durchaus auch ambivalente Gefühle erzeugt, wundert mich doch sehr! Wir Menschen sind nunmal – manche mehr, manche weniger – auch mit ambivalenten Gefühlen ausgestattet.
Bin selbst ein sehr ambivalenter Typ, was wohl auch an meiner bereits vor vielen Jahren diagnostizierten und trotz aller Therapiemaßnahmen (jahrelange Verhaltenstherapie sowie ein Kuraufenthalt in einer psychosomatischen Klinik u. jahrelange Einnahme von Antidepressiva) nicht vollends in den Griff zu bekommender Depression mit Neigung zur bipolaren Störung (habe Zeiten, wo ich sehr aufgedreht bin, aber auch Zeiten, wo ich sehr durchhänge) liegt. Ich habe diesbezüglich bereits ein wahres Martyrium aus Suizidgedanken u. 1 Suizidversuch sowie jahrelanger Extremschlaflosigkeit (nur ca. 2-3 Std., allerdings nicht am Stück u. das über Monate bzw. Jahre hinweg) hinter mir.
EIGENTLICH hat mir das schwanger werden, was für mich völlig überraschend kam, da ich seit 20 Jahren von sämtlichen Gynäkologen u. Endokrinologen für unfruchtbar erklärt wurde, gut getan, ABER die ambivalenten Gefühle waren sofort wieder da, denn EIGENTLICH habe ich nie Kinder haben wollen, schon aus Angst, meine Depris weiter zu vererben… Und um mal gnadenlos ehrlich zu sein, habe ich erstmal nur deshalb nicht abgetrieben, weil ich Angst hatte, dann psychisch völlig durchzudrehen… Habe 3! Termine für den Abbruch platzen lassen, würde also sagen, meine Schwangerschaft an sich war total ambivalent. 😉
Überraschenderweise ging es mir aber, zumindest als das erste halbe Jahr mit Baby irgendwie überstanden war (und es war oft genug die Hölle, denn ich hatte – natürlich – ein Schreibaby, das oft über Stunden keine Ruhe gehalten hat). Wobei ich heute selbst einsehe, daß ich, nervös u. fertig wie ich war, dieses vermutlich auf die Kleine übertragen habe u. sie u. U. deshalb noch mehr geschrieen hat. Naja, lange genug gejammert. 😉
Trotzdem würde ich sagen, daß es mir, zumindest die meiste Zeit, auch sehr viel positives in mein Leben gebracht hat, welches vorher nicht sooooo dolle verlaufen ist. Ganz ehrlich, man ist heute doch überall ersetzbar, für den Arbeitgeber, den Lebenspartner, wen auch immer). Aber für seine Kinder ist man als Mutter wirklich unersetzbar (ich rede hier von einem Gefühl, wohlgemerkt, nicht vom erledigen der Butler-Köchin-Chaufferin-Arbeiten, die jeder andere auch erledigen kann). Merke es immer wieder, wenn es mir mal schlecht geht, kommt meine Kleine u. hängt um so mehr an mir (was ich dann oft nicht gut ertrage, weil ich mich einfach nur wie früher in mich selbst zurückziehen möchte). Aber was ist eigentlich so toll daran, ganz allein depressiv herumzusitzen?
Meiner Tochter sei Dank, daß ich jetzt zumindest eine sinnvolle Aufgabe im Leben habe (als die ich z. B. das herumschieben von Papier auf meinem Büroschreibtisch sowie das ständige Heckmeck u. Gemobbe, welches in den Firmen ja auch immer mehr zunimmt) NIE empfunden habe! Weshalb nehmen denn berufsbedingte psychische Krankheiten immer mehr zu, wenn diese Karrieresache so toll ist??? Nicht die Kinder sind schuld, wenn sich zunehmend Menschen gegen das Kinderkriegen entscheiden, sondern WIE von unserer „Superduper-Erfolgsgesellschaft“ damit umgegangen wird!!! Kinder, so denke ich, sind u. waren schon immer (vor allem im Baby- u. Kleinkindalter) fruchtbar anstrengend, laut, teilweise rotzverschmiert u. zugekrümelt, naseweis, trotzig etc. etc. etc… ABER auf der anderen Seite kann niemand, der kein Kind hat, nachvollziehen, wie es ist u. sich anfühlt, wenn eine kleine, Dreijährige ankommt, wenn man in der Wanne sitzt u. einem sagt „Mama, ich wasche Dir den Rücken“ oder „Mama, ich habe Dir mein Schnuffeltuch gebracht, damit es Dir wieder besser geht“, wenn man mal erschöpft herumliegt u. sich einfach für eine Weile weigert, sich zu kümmmern. Kinder VERSTEHEN u. spüren so viel mehr, als wir ihnen – leider – immer noch zugestehen!!!
So, das war jetzt aber ’ne flammende Rede dafür, daß ich eigentlich nur einen kurzen Kommentar abseilen wollte. Bitte entschuldigt die vielen Schachtelsätze.
Ich finde es trotz allem gut, daß endlich mal Tacheles geredet wird!
Euch allen – ob mit, oder ohne Kinder – eine gute Zeit wünscht
Kerstin
Ich bin eine ganze Weile auf Webseiten gesurft.
Ich schätze mal so ungefähr zwei Stunden und
habe in diesem Zeitraum keinen so guten Artikel gefunden, wie deiner.Gut gemacht!
DANKE!!
MÜTTER GESUCHT!
Hallo an alle!
Bisher gibt es kaum wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema „mütterliche Ambivalenz“. Deswegen beschäftige mich im Rahmen meiner Masterarbeitin Psychologie mit diesem Thema, also vor allem mit dem individuellem Erleben der Mutterschaft. Ich versuche einen Fragebogen zu entwickeln, der ambivalente Gefühle zur Mutterschaft erfassen kann. Darüber hinaus untersuche ich, ob ein bewusstes Erleben von Ambivalenz in Bezug auf die Mutterschaft eine Ressource darstellen kann, da es dazu führt sich abseits von gängigen Rollenklischees bewusst mit dem eigenen Erleben auseinanderzusetzen und kreative Möglichkeiten zu finden, um das eigene Wohlbefinden zu steigern. Ich hoffe mit meiner Studie zu einer erhöhten Sensibilität in der Wissenschaft und auch in der Praxis von PsychotherpeutInnen und SozialarbeiterInnen für das Thema beitragen zu können.
Damit das klappt bin ich auf Ihre Unterstützung angewiesen. Ich suche Mütter von Kindern bis 10 Jahren, die sich 10-15 Minuten Zeit nehmen können um anonym meinen online-Fragebogen auszufüllen.
Ich wäre sehr dankbar, wenn die eine oder andere teilnehmen könnte. Das Thema verdient es gesehen zu werden!
Hier der Link zum Fragebogen >> https://www.soscisurvey.de/muetter2019/