„Aber Mama, ich habe doch Fernsehverbot!“, korrigiert mich Sam, als ich ihm auf die Frage, ob er was schauen dürfe, mit „In 5 Minuten“ antworte.

Das stimmt! Er hat tatsächlich ein Eintages-Fernsehverbot, nachdem er am Abend zuvor vor lauter Wut darüber, dass ich nach „Ritter Rost“ wagte die Glotze auszumachen, versucht hat die Fernbedienung zu zerbrechen.

„Ach, danke fürs Erinnern!“, antworte ich und kann nicht glauben, dass ich das vergessen habe. Da erteile ich einmal im Leben Fernsehverbot und vergesse es!

„Macht nichts, Mama“, antwortet er gütig, „ich kann ja morgen wieder schauen, richtig?“ Ich nicke. Und frage mich leise, wer hier eigentlich wen erzieht.

Und dann stellt er sich vor den großen Spiegel im Flur. Ganz nah. Und fängt an das Gesicht zu verziehen, zu einer traurigen Grimasse, dann wieder normal, dann leidend, dann wieder normal. Mich ignoriert er total. Er übt. Und nach ca. 5 Minuten legt er los, aus dem Stand: „MAMA!“, heult er und entscheidet sich für das leidende Gesicht, „ich will aber Film gucken!“

Ich bin so perplex, aber auch so beeindruckt von seiner Performance, dass ich lachen muss.

„Das ist NICHT lustig!“, winselt er, überprüft sich dabei aber weiter im Spiegel, bevor er sich dramatisch auf den Boden wirft und jetzt sein ganzes Repertoire auspackt: Von verzweifeltem hin und her Wälzen, Jaulen, Heulen, bis hin zu Füßen auf den Boden stampfen.

Wow! Ich bin beeindruckt. Wirklich.

Nach 5 Minuten ist die Performance vorbei, er steht auf und fragt: „Was gibt es heute for dinner?“ und lässt mich perplex zurück.

Mein Sohn ist eine Rampensau und hat eindeutig zu viel am Filmset von Lucie verbracht – so meine Kurzanalyse – bevor ich mich in die Küche bewege, um dem besten Absolventen des Method Acting Kurses Abendbrot zu machen. Und bin ein bisschen neidisch, dass ich immer nur den Kritikerblick für mein Spiegelbild habe und Sam einfach nur Spaß.