„Mama, meine Zahne wackeln!“, schreit Sam mir voller Freude entgegen, als ich ihn letzte Woche von der Kita abhole. Und tatsächlich, die 2 unteren kleinen Schneidezähne wackelten. Hilfe, ich habe ein großes Kind! Jetzt hat der schon Wackelzähne…
Mit 2 Wackelzähnen, an denen er unaufhörlich herumspielt, fliegen wir nach London. Die Tage sind brechend voll mit einem Freizeitprogramm vom Feinsten. Zum Beispiel haben wir uns mit seinen Freunden aus seiner Londoner Kindergartenzeit verabredet, die jetzt schon alle in der Schule sind. Avi, der kleine Amerikaner, der immer noch am liebsten mit Monstertrucks spielt und dessen Sammlung enorm gewachsen ist. Huroto, Sams japanischer Freund, der auch für japanische Verhältnisse – so seine Mutter – noch sehr klein ist und keinen Millimeter gewachsen zu sein scheint. Mittlerweile überragt Sam ihn mit anderthalb Köpfen.
Wir verbringen einen Vormittag mit Sams großer Kindergartenliebe Lilly im Park, und nachdem wir uns verabschiedet haben, flüstert Sam mir ins Ohr. „Mama, ich bin ein bisschen in love with Lilly. Aber das darfst du niemand verraten! Das ist sonst sehr unhöflich!“
Sam zeigt allen seine wackelnden Milchzähne: Jeder Mutter, jedem Verkäufer oder Hundebesitzer, dessen Hunde er streichelt und dann umgehend auf seine Wackelzähne hinweist. Ganz London ist informiert. Ich bin mir sicher, es ist auch bis zur Queen vorgedrungen.
Am ersten Abend putzt er sich die Zähne und der erste Milchzahn fliegt raus. Die Aufregung ist groß, Mutter und Vater sind zu Tränen gerührt („Oh Gott, ist der groß! Und genau dieser Milchzahn war doch auch sein allererster Zahn! Schnief!“)
Es muss ein Brief an die Zahnfee geschrieben werden. Sam wünscht sich etwas von Jurassic World Lego. (Hömma, ihr Legos; ich finde euch ja wirklich toll, aber jetzt auch noch Jurassic World mit Dinosauriern???) Die Zahnfee hinterlässt Sam am nächsten Morgen eine Nachricht und bittet um Aufschub. Die Liste der Kinder, die gerade Milchzähne verlieren, sei sehr lang, aber sie würde ihr Bestes geben. Sam nickt ehrfürchtig, als wir den Brief der Zahnfee beim Frühstück vorlesen.
„Mama, ssschade dass ich nish in die Kita gehe heute. Ish will Carloss meine Zahn zeigen“, lispelt Sam, „kann ish ihn anrufen?“
„Der ist schon in der Kita, Sam“, sage ich.
„Können wir die Kita anrufen?“, er bleibt hartnäckig. Können wir.
Und so hinterlässt er auf dem AB der Kita diese Nachricht: „Hallo, Hallo, hier isss Carloss…ähh…Ssam, Äh… ish habe meine Zahn verlore!! Und die Zahnfee kommt morgen! Tschüsss!“
Am nächsten Tag verabreden wir uns wieder mit Freunden und dann beim Abendessen bleibt der zweite Milchzahn in einer Weintraube stecken. „Jetzt muss die Zahnfee aber was richtig BIG bringen!“ und wir schreiben noch einen Brief. Die Zahnfee, in der Person von Marc, bringt tags drauf eine gigantische Box mit Jurassic World Lego („Lucie, die Dinosaurier Station ist so toll, mit der will ich auch spielen!“), Sam is in heaven. Und Marc auch.
Die Zahnfee hat der Dino Station beigefügt allerdings eine Botschaft: „Lieber Sam, eigentlich bringe ich nur beim ersten Milchzahn etwas, aber 2 Milchzähne auf einmal zu verlieren, ist natürlich etwas ganz Besonderes. Verrate aber niemanden, wie groß das Geschenk ist, sonst bekomme ich Ärger mit dem Weihnachtsmann. Deine Zahnfee.“
Sonntagvormittag, an unserem letzten Tag, gehen wir wie früher auch in Kensington Gardens, wo die Kinder Fußballtraining haben. Damit meine ich alle außer Sam, den Fußball so viel interessiert wie die neuesten Börsenkurse. Er überredet gekonnt seinen Kumpel Avi, mit ihm zu spielen, statt brav das Training zu absolvieren. Wir Eltern sitzen mit Kaffee auf der Wiese und quatschen. Es ist herrlich und es ist so schön zu spüren, wie 7 Monate London uns nicht nur mit der Stadt, sondern vor allem mit den Menschen dort verbunden haben.
Das Mittagspicknick unter dem Baum im Wildflower Meadow vor dem Kensington Palace ist ein Muss, im vergangenen Sommer hatten wir das fast täglich gemacht. Und zur Krönung des Tages kommt auch noch June vorbei. Sie war Sams letzte große Kindergartenliebe, die aufflammte, als Lilly in die Schule wechselte. Zunächst erkennen sich die beiden nicht, aber nach 10 Minuten stehen sie wie früher im hohen Gras und pflücken Blumen. Voller schöner Eindrücke und warmer Begegnungen sind wir gestern zurückgeflogen, und am Flughafen lispelt Sam mir mit großer Zahnlücke zu: „Mama, wenn alle meine Freunde aus Berlin zu Ingland ziehen könnten. Das wäre schön! Weil Ingland ist lovely!“
Ja, das wäre wirklich lovely, wenn man die beiden Welten noch mehr miteinander verschmelzen könnte. Aber bis diese Verschmelzungsmaschine erfunden worden ist, werden wir einfach immer wieder London besuchen. Was für ein Geschenk, dass wir uns in beiden Welten so willkommen fühlen. We`ll be back soon!
Tags: Liebe London
10 Comments
bin ich froh, dass unsere Jungs das hier mit ihren Wackelzähnen gerade nicht lesen (können) – ein zweites Mal die Zahnfee… Wow.
Nee, nee, nee! Die Zahnfee kam nur einmal! Aber halt für 2 Zähne. Und jetzt kommt die auch nicht mehr…
Liebe Lucie,
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Du beide Welten gerne verschmelzen würdest. Leider ist es dann wahrscheinlich nicht mehr ganz so schön. Denn jetzt ist jede Reise nach London für Euch etwas ganz Besonderes. Und ganz besondere Ereignisse sind selten, sonst wären sie nicht so besonders. Also genießt jede Reise mit allen Sinnen und behaltet sie in so wunderbarer Erinnerung, wie Du sie hier schilderst. Dann wird London für Euch immer ein magischer Ort sein – ohne dass sich still und heimlich der langweilige Alltag einschleicht.
Alles Liebe,
Jule
Ja, da hast Du total recht! Aber manchmal will man im Bikini Skifahren und gleichzeitig ins Meer springen… 🙂
Lieben Gruß
Lucie
Liebe Lucie,
Ich fahre am 02.07. für 4 Tage nach London, kannst du mir Tipps geben was ich mir unbedingt anschauen muss, und wo man gut Essen gehen kann? Irgendwas, was nicht gerade in jeden Reiseführer steht :).
Liebe Jenny,
schau mal hier auf dem Blog unter „On holiday“ und dann London. Da sind ganz viele Tipps! Ganz viel Spaß! Lucie
Ich war noch nie in London. Aber nach Deinen Erzählungen, habe ich das Gefühl etwas schon dagewesen zu sein. Es hört sich toll an und ich muss da unbedingt mal hin.
Lasse wartet auch schon sehnsüchtig auf die zwei Wackelzähne unten, nachdem der Zahnarzt gesagt die wackeln schon etwas. Da hat Sam uns was voraus.
Oh, wie schön! Danke für das Kompliment!
[…] gehe alleine!“, lispelt Sam, der es seit seiner brandaktuellen Zahnlücke sogar schafft, bei Wörtern ohne ‚s’ zu […]