Letzten Dienstag nach dem Mittagsschlaf:
Sam döste noch ein bisschen in seiner Kuschel-Ecke, ich wollte ihm schon mal die Windel wechseln. Und während ich die volle Windel abnahm und nach der neuen griff, hörte ich ihn sehr deutliche sagen: „Kein winde mehr, Mama.“ Wie bitte? „Kein diaper mehr.“ In diesem Fall war es tatsächlich sinnvoll, dass er es noch mal auf Englisch wiederholte. Ich schaute ihn ungläubig an: „Also, das können wir machen, aber dann musst du auch aufs Töpfchen gehen.“ Mit einem kurzen knappen „Ja“ besiegelte er diesen Deal.
Mmh, wieso ausgerechnet jetzt? Wir haben zwar seit einem Jahr ein Töpfchen rumstehen (das haben wir von unserer Nachbarin Martha geerbt, ihre Tochter Sophie ist 3 Jahre alt will aber nur auf der Toilette sitzen), aber großes Interesse hatte Sam nie. Einmal habe ich den Versuch gestartet ihn darauf zu setzen, da hat er so gebrüllt, als hätte ich sonst was mit ihm veranstaltet. Danach habe ich es gelassen.
Seit vorgestern geht es erstaunlich gut…oder ist das nur Anfängerglück? Noch traue ich dem Frieden nicht.
Die Bilanz bisher:
1.Tag ohne Zwischenfälle
2.Tag (Mittwoch) Ein Mal beim LEGO-Turm aufbauen aufgesprungen und „Mamaaaaa, PIIIPIII“ geschrien, während sich seine Jeans aber schon dunkelblau färbte.
Na gut, man muss manchmal Prioritäten setzen und der LEGO-Turm wäre sonst auch gekippt.
Mittwochabend mussten wir dann noch schnell Milch kaufen. Auf dem Weg zum Laden schreit Sam dann mitten auf der Straße: „Kaakaaa, Mamaaaa!“ Oooweh! Und jetzt? Kein Café in Sicht und ich konnte ihm ja auch nicht sagen: „Kannst Du bitte 10 Minuten einhalten?“ Ich bin auch völlig überfordert. Ist ja auch mein erstes Mal. Also, Hose runter und an den nächsten Baum. Ich finds das auch nicht so toll. Die Leute starren uns an, ich versuche mich so vor ihn zu stellen, dass man nicht einen direkten Blick auf meinen kackenden Sohn hat. Aber was soll’s? Hier ist ein zweieinhalbjähriger kleiner Mann, der gerade lernt wie es sich anfühlt, wenn man muss. An dem Punkt waren wir ja ausnahmslos alle einmal.
Eine Frau nähert sich uns, ungefähr mein Alter, schick angezogen. Und ich merke schon von weitem: Die ist auf Krawall gebürstet. Sie steuert auf uns zu und baut sich auf: „Das ist ja wohl nicht Ihr Ernst!!!“ Ich halte meinen kackenden Sohn in der Luft und habe jetzt schon von der Haltung Rückenschmerzen.
„Was denn jetzt genau?“, fauche ich zurück.
„Dass Sie Ihr Kind hier seine Notdurft auf der Straße verrichten lassen.“
Meine Laune ist gerade eh nicht die beste. Es ist kalt, ich bin müde, wir brauchen Milch und ich will nur schnell nach Hause: „Was genau soll ich denn Ihrer Meinung nach tun? Mein Sohn ist seit zwei Tagen windelfrei. Ich habe eine Tüte dabei (zum Glück habe ich noch eine alte Plastiktüte in meiner Handtasche, die ich zücke) und ich werde anders als die meisten Hundebesitzer seine Notdurft jetzt entfernen und wie es sich gehört in den Müll tun.“
Sie schnappt nach Luft, während ich Sam mit einem Taschentuch den Po sauber mache und versuche, alles in die Plastiktüte zu bekommen.
Sie will wieder loslegen, aber ich bin schneller: „In dieser Stadt kann man kaum über die Straße gehen, ohne dass man in einen Hundehaufen tritt. Die Besitzer lassen ihre Hunde vor Eingangstüren kacken, sogar vor Kindergärten, oder auch gerne mal in die Mitte des Bürgersteigs. Was glauben Sie eigentlich wie die Räder unseres Buggys aussehen? Und viel zu wenige Hundebesitzer räumen die Notdurft ihrer Hunde weg. Und jetzt schnauzen Sie mich an, weil ein kleines Kind nicht mehr warten kann, bis wir zuhause sind?“ Jetzt bin ich in Fahrt. Und sie merkt das, sie holt noch einmal tief Luft, besinnt sich dann aber eines Besseren und stakst auf ihren Highheels davon.
Jetzt mal ganz ehrlich: Natürlich ist es schöner, wenn man mit seinen Kindern auf eine Indoor-Toilette gehen kann. Keine Frage. Aber es kann doch nicht sein, das etwas für Hunde okay ist und für Kinder nicht. Vielleicht kaufe ich Sam einfach eine lustige Leine und lasse ihn beim nächsten Mal knurren. Dann haben wir wahrscheinlich das Jugendamt auf dem Hals…aber wenigstens keine doofen Mitteschicksen.
Tags: Erziehung Mutterwürde
5 Comments
Sehr schöner Bericht! Bin gerade erst auf deinen Blog gestoßen.
Kann mir die Situation bildlich vorstellen. Mein Sohn ist Ende September 4 geworden und uns ist das auch schon passiert. Aber was soll man machen … ich hab jetzt immer einen Beutel dabei!
Dein Blog gefällt mir sehr gut, mach weiter so! Alles Gute!
Vielen Dank und wie schön, dass Du hergefunden hast! Welcome!
❤️
Hihi, okay, so weit sind wir noch nicht. Das Töpfen steht schon parat, es landen aber höchstens mal Wäscheklammern und Murmeln drin. Aber das mit dem Notfall-Plastikbeutel werde ich mir merken! 😀
Hahaha! ich musste gerade serh lachen, weil diser Artikel soooo lang her ist…. aber wie schön, das er für Dich gerade passt! Liebste Grüße!