Seit 2 Wochen schlagen wir uns mit Monstern aller Art rum. Ich sage extra ‚wir’, denn ich kämpfe zwar nicht selbst und eigenhändig mit ihnen, aber doch mit den Auswirkungen dieser Kämpfe. Und zwar nicht zu knapp.
Jede Nacht, am liebsten so gegen 1.44 Uhr, wenn ich in der absoluten Tiefschlafphase bin, scheinen die Dinger Sam einen Besuch abzustatten. Das Resultat: Er schreckt hoch, weint und schreit nach mir.
Zuerst dachte ich, na gut, das ist eben mal ein Alptraum. Aber nach der dritten Nacht merkte ich, dass diese Monster ein handfestes Problem sind, das wir nicht so schnell wieder los werden…
Beim Frühstück frage ich Sam: „Sag mal, wie sehen die denn aus?“
Sam denkt nach, kaut sein Knäckebrot und schmiert sich die Marmelade quer übers Gesicht, bevor er antwortet:“ Isse green und big.“ Das hört sich wirklich nicht sehr sympathisch an. Ich muss sofort an den Film Ghostbuster aus den 80ern denken mit Bill Murray. „Und sind die jetzt auch hier?“ frage ich nach.
„Ja“, sagt Sam und zeigt in seine Mal-Ecke: „Sitze unter Stuhl.“ Ich schaue hin, natürlich nichts, außer ein paar Knete-Reste.
„Und wie sieht das aus?“ frage ich noch mal.
Sam überlegt, schmiert sich die Marmelade vom Gesicht in die Haare und gerät plötzlich ins Schwärmen: „Gaanz ssüüüss. Mama, gaanz sweet. Isse leine Baby-Monsta.“
Ok, das war auf jeden Fall nicht das Monster von gestern Nacht. Anscheinend ist es eine große Monsterfamilie, und das Baby ist ganz süß. Aber mehr Infos rückt Sam auch nicht raus. So komme ich nicht weiter.
Woher kommen nur diese Monster? Mein schlechtes Gewissen meldet sich als erstes zu Wort. Es hat gleich eine ganze Reihe von Vorschlägen, warum Sam Alpträume hat und rattert mir einen Monolog runter:
„Das liegt daran, dass Sam ein Frühchen ist und die ersten 14 Tage seines Lebens im Brutkasten lag, Lucie, und nicht auf deinem Bauch, wie es in jedem guten Baby-Ratgeber empfohlen wird. Es könnte allerdings auch daran liegen, dass du mit viereinhalb Monaten abgestillt hast und nicht die empfohlenen sechs Monate durchgehalten hast. Oder es liegt daran, dass ihr in seinem ersten Lebensjahr zweimal umgezogen seid. Oder weil er mit eineinhalb Jahren schon in die Kita kam. Wahrscheinlich, Lucie, ist es eine Mischung aus all den oben genannten Möglichkeiten. Du bist auf jeden Fall SCHULD, meine liebe Lucie. Aus der Nummer kommst du nicht raus.“
Scheiße, ‚aber jetzt bin ich doch da’ brülle ich dem schlechten Gewissen hinter her. Aber auf dem Ohr ist es taub.
Gestern Nacht kam Familie Monster um 2.13 Uhr zu Besuch. „Mamaaaaa“, höre ich aus Sams Zimmer. Ich sprinte rüber und kuschel mich zu ihm ins Bett. „Alles gut, mein Schatz.“ Er hört auf zu weinen, wälzt sich aber hin und her.
Ich sinke wieder in das Reich der Träume, aber er dreht und wendet er sich immer wie eine Kompassnadel und murmelt irgendwas. Nach einer halben Stunde hört er endlich auf zu zappeln und ich befinde mich erneut im Sinkflug, als ich höre: „Mama, will was sage!“ „Was denn?“, murmel ich. Vielleicht erfahre ich jetzt endlich das entscheidende Detail über die Monster. Ich versuche krampfhaft mich wach zu kriegen. Sam sagt ganz laut und klar: „Will auch lange Hair habe wie du.“ Und spielt mir in den Haaren rum.
HAARE?? Warte mal, ist vielleicht der letzte Friseurbesuch schuld an den Alpträumen? Der ist tatsächlich zwei Wochen her. Sam war bisher zweimal beim Friseur, bei zwei unterschiedlichen. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass ein Besuch beim – falschen – Friseur eine traumatische Erfahrung sein kann.
Der Friseur ist schuld, denke ich im Halbschlaf. Endlich habe ich den Schuldigen gefunden! Am liebsten möchte ich das meinem schlechten Gewissen schriftlich geben. Aber ich bin zu müde, um auch nur eine Zeile aufzuschreiben.
Ich streichle Sam über die Wange und murmele: „Ja, wir lassen deine Haare wieder wachsen und verklagen den Friseur.“ Dann schlafen wir beide ein. Manche Probleme lösen sich wirklich im Schlaf.
P.S.
Habe Raffaella (Freundin mit drei Kindern) heute morgen gleich eine SMS geschrieben und von der Lösung berichtet. Ihre Antwort: „Lucie, das liegt weder am Stillen noch am Friseur. Alpträume sind in den meisten Fällen ein ganz normaler Schritt in der Entwicklung ALLER Kinder. Gib mir endlich meine Ratgeber wieder, wenn du die eh nicht liest.“
Ich brauche eine neue Freundin. Diese hier ist mir zu streng.
Tags: Erziehung Perfektionimus
5 Comments
Alpträume sind schon was fieses, ich spreche da aus Erfahrung 😀
Ich habe irgendwo mal gelesen, dass eine Familie die Familienkatze ins Kinderzimmer zur Schlafenszeit verfrachtet hat, mit der Begründung, dass sie alle Monster auffrisst.
Seitdem wurde dort friedlich geratzt 😉
Hömma,ab jetzt frage ich nur noch dich!! Super Tipp. Ich geh gleich mal einen Katze kaufen? Oder meinst Du es gehen auch Meerschweinchen? Die könnte ich probehalber erst mal vom Nachbarn leihen.
Bestimmt geht ALLES – du musst es nur gut verkaufen 😀 Vielleicht könnten es Super-Meerschweinchen sein, wie in diesem Geheimagenten Film *hust*
Oder Du leihst jeden Abend die Nachbarskatze, lässt sie einmal das Zimmer inspizieren und die Monster verjagen 😀
Ich habe die falschen Nachbarn! Keiner hat eine Katze. Aber gerade krabbelt ein Marienkäfer über meinen Tisch … ich versuche es mal damit: Das ist der MEGA Superheld-Marienkäfer, der sich extra so klein gemacht hat, damit die Monster ihn nicht sofort entdecken … ich berichte … 🙂
Die Tochter meiner Freundin hatte auch das Problem. An einem schönen Samstag haben sich Papa und Kind mit Schwertern und Schildern bewaffnet (die Familie ist recht aktiv in der Mittelaterszene) und sind zusammen mit Kampfgeschrei ins Kinderzimmer gestürmt und haben die Monster platt gemacht.Seit dem schläft das Kind wieder 1a.
Ich denke der Staubsauger tut es in dem fall auch….