Da Sam vieles ist aber kein guter Schläfer, weiß ich was es heißt müde zu sein und sich durch den Tag zu hangeln und jede Kaffeeplöre mitzunehmen, nur um die Grundfunktionen aufrechtzuhalten.
Allerdings hatte ich sehr erfolgreich verdrängt, dass es einen Unterschied gibt zwischen „sehr müde“ und „Zombie-müde“ gibt.
Sam hat sich am letzten Wochenende irgendeinen Magen-Grippe-weiß-der-Henker-was-Virus geholt. Er kotzt, schläft und ist wahnsinnig schlecht gelaunt. Am Dienstag wacht er um vier Uhr morgens auf und seine erste Frage lautet: „Wann stehe wir auf, Mama?“ Ich glaub ich steh im Wald. Ich bin gestern erst um 1 Uhr im Bett gewesen und fühle mich, als hätte mein Kopf gerade erst das Kissen berührt. Hat er seine Krankheit so schnell überwunden? Und warum ist Marc an solchen Tagen eigentlich immer auf Dienstreise?
Um 4.38 Uhr hat er mich dann soweit. „Mama, wir stehe auf, aba andere Menshe nich. Die haben keine Kinder.“ Besser hätte ich es auch nicht zusammenfassen können.
Während er hellwach ins Wohnzimmer hüpft – in der sich auch unsere Küche befindet, stoße ich von einem Türrahmen zum nächsten, wie eine raffiniert gespielte Snookerkugel mit mehreren Spins! Ich bräuchte mindestens einen Kaffee, um überhaupt den Weg ins Wohnzimmer zu finden.
Endlich in der Küche angekommen, versuche ich mich soweit wach zu kriegen, dass ich es schaffe einen Kaffee zu machen. Ich habe diese kleine Kaffeemaschine, die man mit Wasser und Kaffeepulver füllt und dann auf den Herd stellt. Während ich versuche alles in der richtigen Reihenfolge zusammenzuschrauben, höre ich Sam aus dem Wohnzimmer trällern: „Mama, machst du mir auch eine Kinder-Kaffee?“ „Ja“, erwidere ich reflexartig, aber allein diese kurze Antwort bringt mich schon vollkommen aus der Bahn und ich fange noch einmal von vorne an die Kaffeemaschine zusammenzubauen.
Endlich habe ich es geschafft und der Kaffeekocher plus Milchschäumer stehen auf der Herdplatte. Ich starre die Milch an, damit ich in meinem Nebel bloß nicht vergesse, sie von der Platte zu nehmen. Geschafft, sie ist nicht übergelaufen. Nur seltsam, dass der Kaffee noch nicht fertig ist. Kaum ist die Frage in meinem Kopf, hat sie sich auch schon wieder in Luft aufgelöst.
Ich schäume die Milch auf und frage mich, warum ich soviel gemacht habe. Ach ja, Sam wollte ja einen Kakao. Ich schäume weiter. Wo ist eigentlich mein Kaffee? Und warum riecht es hier so streng? Scheiße, der Kaffeekocher kokelt vor sich hin. Ich hatte das Wasser vergessen. Und genau an diesem Beispiel kann man sehr schön den Unterschied zwischen „sehr müde“ und „Zombie- müde“ erörtern. Denn im Zustand von „sehr müde“ schafft man es noch Kaffee zu machen (zumindest nach ein paar Anläufen) , aber im Zustand von „Zombie-müde“gelingt auch das nicht. Und das ist ein großes Dilemma oder sagen wir lieber ein Paradoxon, wenn man eigentlich einen Kaffee bräuchte, um Kaffee zu machen.
Eigentlich bräuchte man einen Notfallknopf direkt neben dem Bett, der groß und rot blinkt, damit man ihn auch im Schlaf-Delirium findet. Und dann fliegt einem wie durch Wunderhand ein perfekt temperierter, leckerer, frisch gebrühter Milchkaffee ans Bett. Ist das nicht DIE perfekte Businessidee. „Eventuell nicht der Moment, um über Businessideen nachzudenken, wenn du es noch nicht mal schaffst, dir einen Kaffee zu kochen.“ Aber auch der Gedanke verweilt nicht lange…
Um mal wieder aus einem von Sams Lieblingsbüchern zu zitieren: „The morning did not go well, the afternoon was worse.“
Ich hatte den ganzen Tag Proben für eine Moderation, die minutiöse Abläufe hat. Ihr könnt euch vorstellen wie das lief: „Habe ich das nicht schon gesagt?“ „Nein, Lucie hast du nicht!“, „Warte mal, soll ich nach links oder nach rechts?“ „LUCIE, du bleibst da stehen!!!!!“ und so weiter.
Um 19.30 Uhr krieche auf allen Vieren ins Bett. Mir ist schlecht, ich sehe rosa Pferde, die mit mir reden wollen. Sam legt sich neben mich. „Mama, könne wir noch ein Buch lese?“ Er ist im Vorteil. Er hatte einen Mittagsschlaf. „Mach was du willst, ich muss schlafen“, antworte ich (zumindest glaube ich das), noch bevor ich in einen komaähnlichen Tiefschlaf sinke.
Liebe Mamas von Kindern, die diese unmöglichen Zeiten favorisieren, liebe frisch gebackenen Mamas von Babys, die Schlaf total überbewertet finden, liebe alleinerziehenden Mamas (ich verstehe nicht, wie ihr das schafft und ziehe mehrmals täglich den Hut vor euch!) IHR ALLE HABT MEIN VOLLES MITGEFÜHL!
Ich werde zusehen, dass ich hier nicht mehr soviel über meinen – ja, im Vergleich lächerlichsten – Schlafdefizit motze. Denn jetzt erinnere ich mich wieder: Es gibt einen Unterschied zwischen „ sehr müde “ und „ Zombie-müde “. Schlafraub ist nicht umsonst eine der wirksamsten Foltermethoden. Neben Tropfen auf dem Kopf oder Salz an den Füßen und eine Ziege daneben.
In diesem Sinne: Happy Weekend euch allen und schlaft gut!
P.S. Ein Tipp für alle Mütter die Kinder haben, die seit Tag 1 quasi durchschlafen: Freut euch! Aber behaltet es bitte für euch…
Tags: Mutterwürde Nervensägen
16 Comments
Wir haben auch so ein Eulen-Lerchen-Kind…
Wir sollten die zusammen stecken, einen Bybysitter teilen und SCHLAFEN!
Liebe Lucie,
mein vollstes Mitgefühlt! Auch ich kenne den Unterschied zwischen ’sehr müde‘ und ‚Zombie-müde‘, da mein Sohn die ersten 10! Monate alle 2 Stunden Milch trinken wollte/musste? und spätestens! um 5.30 die Nacht als beendet erklärt hat. 6 Monate habe ich ihn gestillt, und da er fürchterliche Magenkrämpfe bekam, wenn ich auch nur an einem Kaffee oder schwarzen Tee vorbei gelaufen bin, konnte ich mich nicht einmal mit Koffein durch den Tag retten. Mein Gehirn war derart unterversorgt, dass ich eines Tages nicht mehr wusste, wie sich der Name meines Mannes schreibt, als ich ihn am Telefon buchstabieren musste. Dass ich ständig Rechnungen doppelt oder manche gar nicht überwiesen habe, Termine vergessen habe, weil ich sie im Kalender im falschen Monat notiert habe, versteht sich von selbst. Auch wurden mir wohl oft Sachen erzählt, die ich meine nie gehört zu haben und auch an die meisten Unterhaltungen in dieser Zeit habe ich keinerlei Erinnerung, ich muss glauben, was man mir so darüber erzählt. Aber eines Tages hatte das Universum ein Erbarmen mit mir und mein Sohn schlief zum ersten Mal durch und dann siehe da, immer öfter. Mittlerweile ist er über zwei Jahre alt und schläft in der Regel 10-11 Stunden und ich kann nur den Hut ziehen vor all den Müttern, die diese Form der Insomnia-Tortur überleben. Meine kognitive und physische Wiederherstellung dauert bis heute an, denn erst jetzt habe ich langsam das Gefühl, dass meine geriatrischen Syndrome sich langsam verabschieden. Ein Wunder, dass Frauen jemals mehr als ein Kind bekommen, sogar ich erwische mich dabei, darüber nach zu denken. Muss wohl ein eingebauter Chip in unseren Gehirnen sein, der uns diese masochistischen Tendenzen einpflanzt und uns voller Glücksgefühle unsere Peiniger anhimmeln und jedes ihrer Bonmots auf Facebook posten lässt 😉
OMG! DAS ist wirklich brutal. Erstaunlich, dass Du Dich überhaupt daran erinnerst wie Internet funktioniert und auf diesen Blog gefunden hast! 🙂 Ich habe gehört beim 2. soll alles besser sein… oder so…
müde? wie buchstabiert sich das? das ist bei mir der Dauerzustand 😀
Und dank der tollen Zeitumstellung ist Madame nun wieder mal ne Runde früher wach *argh*
Ohne meinen besten Freund, den lieben Kaffee, würde ich den Tag aktuell kaum durchstehen 🙂
aber CHACKAAAAAAAAA!!! Supermoms can do it!
Sweetie,
das Buch (jaaaa, das Buch!Ich liebe dieses Buch!) hat Dir aber doch auch gesagt: And the day got better 🙂
Mein Töchterchen ist ja auch so ein Schlechtschläferchen. Aber ich stehe vor 6 einfach NICHT auf. Gar nie. Überhaupt nicht. Und da kann sie meckern und mäkeln wie sie will. Irgendwann (manchmal auch erst 2 Stunden später) schläft sie dann wieder ein.
Aber das war jetzt doof. Sowas will ja jetzt niemand hören. Also: gang in there, kitten, der Virus geht vorbei und Sam ist bald groß! Follow the yellow brick road.
Wir schenken Dir Liebe
Also, eeeiiigentlich hang , aber gang klingt auch gut und unterstreicht das Thema Müdigkeit ganz prima.
Liebe Penny, danke für Deinen support! I will follow the yellow brick road and hope not to get run over by pink horses… Liebste Grüße Lucie
P.S. Was ist penny eigentlich für ein großartiger Name? Wenn ich noch mal eine Tochter kriegen sollte, ist der Name schon gesetzt! 🙂
Liebe Lucie,
Dankeschööööööön!!!!! Hoffe es schläft sich besser! xo
Ach so: meine liebe Tochter ist diesen Monat 4 geworden und hat NOCH NICHT EINE NACHT IN IHREM LEBEN DURCHGESCHLAFEN. Aber kann ja noch kommen. Hoffe ich.
Also, mein Sohn, vor ganzen zwei Tagen zwei Jahre alt geworden, hat auch noch nicht eine einzige Nacht durchgeschlafen..momentan will er sogar alle 2 Stunden seine Milchflasche…..ahhhh…
Bin auch alleinerziehend, und gehe arbeiten. Ohne die Unterstützung von meinem Ex-Freund und manchmal meiner Mama, wäre ich wirklich ein Zombie, so bin ich nur ein Mombie:-)
Und du hast Humor! Bravo! Ich bin bei Dir, Mombie! 🙂
AUF! AUF! tönt es tagtäglich von unserem frühen Vögelchen, dass bisher in seinen 18 Monaten auf dieser Erde auch noch nicht durch geschlafen hat.
Ich war aber auch so und jedes Familienmitglied, daß jemals auf mich aufgepaßt hat, hat mir dies bisher immer vorgehalten: „Nie hast Du geschlafen!“
Und was soll ich sagen, bis vor 1,5 Jahren kannte ich diesen „müde- am müdesten-Zustand“ nie, brauchte nicht wirklich viel Schlaf aber nun weiß ich diesen so zu schätzen und sehne mich danach :-). Aber es soll ja mit der Zeit besser werden…
PS: Ich habe deinen Blog gestern Abend entdeckt und stöbere seit dem hier fleißig rum. Schön hier!
Durchhhalten! Und ich freu ich, das Du mich entdeckt hast!
Liebe Lucie,
Deinen Böog zu lesen ist so schön und bringt Leichtigkeit in schweren Zeiten, und das ist unbezahlbar! Danke dafür!
Ich kenne zombiemüde auch sehr gut. Mein Gott, um 1 im Bett und um 5 wieder auf…
Ich gerade zu meinem Mann: „So geil! Aber wann schreiben die das bloß???“
Er: „Abends. Deshalb sind die erst um 1 im Bett.“ 🙂
Also noch mal vielen Dank fürs Bloggen!!!
Liebe Grüße und eine gute Nacht
DAS ist so zauberhaft, liebe Sonja, und ich freue mich so tierisch über Dein Kompliment. Denn der einzige Grund, warum ich mit dem Schreiben angefangen habe ist, das ich „Leichtigkeit in schwere Zeiten“ bringen wollte! Mission accomplished. Und Grrüße an Deinen Mann. Er hat recht. Aber nach dem Kompliment heute mache ich mal früher Feierabend! Gute Nacht Deine Lucie